Das Bundesinnenministerium will nach der Sommerpause mit der Islamkonferenz in neuer Form starten. Staatssekretär Markus Kerber sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag, die Vielfalt muslimischen Lebens müsse die Konferenz prägen. Er denke an neue, kleinere Initiativen von jungen Muslimen. In der vergangenen Wahlperiode konzentrierte sich die Islamkonferenz auf Verhandlungen mit den etablierten Verbänden. Kerber sagte: "Ich würde eine Verengung auf einen Dialog mit den Verbänden für einen Fehler halten."
Der Dialog soll nach der Sommerpause beginnen. Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung (Freitag) sollen auch wieder Einzelpersonen zugelassen werden. Das war bereits unter der Federführung früherer Bundesregierungen der Fall, immer wieder aber auch umstritten, weil sich die Frage stellte, wie Einzelpersonen eine Religionsgemeinschaft repräsentieren und über deren Belange verhandeln können.
Staatssekretär will Dialog nicht auf Verbände verengen
Auch die Zusammenarbeit mit den Verbänden stieß aber an Grenzen, weil selbst die größeren Vereinigungen wie der Zentralrat der Muslime, der Verband der Islamischen Kulturzentren oder der Islamrat nur eine Minderheit der in Deutschland lebenden Muslime vertritt. Viele dieser Verbände sind von türkischen Einwanderern geprägt. Die Zusammensetzung der muslimischen Gemeinschaft hat sich durch die Fluchtbewegung aber stark verändert. Dazu kommt seit dem Putschversuch in der Türkei ein gespanntes Verhältnis zum größten deutschen Moscheeverband Ditib, der eng verwoben ist mit der Religionsbehörde in Ankara.
Bei der Islamkonferenz wird verhandelt, wie Muslime gleiche Rechte wie als Körperschaft anerkannte Religionsgemeinschaften wahrnehmen können. Wegen der komplizierten Mitgliederstruktur muslimischer Verbände in Deutschland gibt es keine Staatsverträge wie mit den Kirchen, in denen etwa Religionsunterricht, Seelsorge in staatlichen Einrichtungen und der Einzug von Kirchensteuern geregelt sind. Für den islamischen Religionsunterricht und Lehrstühle für islamische Theologie an deutschen Hochschulen wurden Hilfskonstrukte entwickelt. Eine der offenen Fragen ist nach wie vor die Ausbildung von Imamen in Deutschland.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erzeugte kurz nach Amtsantritt Schlagzeilen, als er in einem Interview sagte, der Islam gehöre nicht Deutschland. Kerber sagte dazu der "Bild": "Man kann lange über den Satz streiten, ob der Islam nach Deutschland gehört oder nicht. Minister Seehofer hat sich eindeutig festgelegt: Der Islam gehört nicht dazu, die hier in Deutschland lebenden Muslime schon."
Die Frage sei, ob es einen deutschen Islam geben könne, der auf den rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen in Deutschland basiert, sagte der für den Themenbereich Heimat zuständige Staatssekretär. Kerber war 2006 Mitgründer der Deutschen Islamkonferenz. Damals war er bereits einmal Staatssekretär im Innenministerium, als der damalige Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) das Forum zwischen Staat und Muslimen ins Leben rief.
Welche Verbände und Initiativen künftig konkret dabei sein sollen, sagte Kerber nicht. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sagte, wichtig sei, dass auch junge Muslime und Frauen eine Stimme erhielten. Es sei gut, die Debatte um einen "deutschen Islam" ins Zentrum zu rücken.
Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte, über die genaue Konzeption der Islamkonferenz werde derzeit beraten, auch mit Initiativen der Zivilgesellschaft und den Kirchen. Voraussichtlich gebe es für die künftige Islamkonferenz gar keine festen Mitgliedschaften, sondern themen- und formatorientiert passende Zusammenstellungen.