Für das deutsche Rettungsschiff "Lifeline" mit 234 Flüchtlingen an Bord hat sich auch am Samstag kein Ende der Irrfahrt auf dem Mittelmeer abgezeichnet. Europa schulde den Geretteten eine Lösung, drängten die deutschen Rettungsorganisationen Mission Lifeline, Sea-Watch und Sea Eye am Samstag. Auch das Handelsschiff "Alexander Maersk" treibe mit 113 Flüchtlingen in internationalen Gewässern, heißt es in einem dramatischen Appell mit Blick auf das EU-Sondertreffen von Staats- und Regierungschefs am Sonntag in Brüssel.
Schiff in Warteposition
Nach der Rettung der Flüchtlinge am Donnerstag war die "Lifeline" von Italien abgewiesen worden. Auch Malta verweigert bislang das Anlegen. "Das Schiff liegt vor Malta in internationalen Gewässern", sagte Lifeline-Sprecher Axel Steier dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir sind in Warteposition." Immerhin wolle das maltesische Militär Getränke und Lebensmittel bringen und sich um einen medizinischen Notfall kümmern.
Steier berichtete von diplomatischen Verhandlungen zwischen mehreren Ländern, unter anderem zwischen Malta und Spanien. Spanien hatte kürzlich das das Rettungsschiff "Aquarius" mit 629 Menschen an Bord nach tagelanger Irrfahrt in den Hafen von Valencia einlaufen lassen. Italien hatte dies verweigert.
Geiselhaft auf See
Auch die "Alexander Maersk" finde keinen sicheren Hafen, kritisierten die Hilfsorganisationen: "Dass nun sogar Handelsschiffe wegen europäischer Machtspiele in Geiselhaft auf See gehalten werden, stellt eine neue Qualität der Verantwortungslosigkeit dar." Wenn das Handelsschiff ebenfalls von Italien abgewiesen werde, werde es auch vor Malta in Warteposition gehen, sagte Steier.
Die Verhältnisse auf der "Lifeline" seien sehr beengt, sagte Steier. Viele Menschen seien krank. "Sie brauchen dringend einen sicheren Hafen", betonte er. "Sie dürfen nicht länger auf dem Wasser hin- und hergeschickt werden." Zur Versorgung der Flüchtlinge müsse für 6.000 Euro ein zusätzliches Transportschiff eingesetzt werden, um Decken, Medikamenten, Lebensmitteln und Trinkwasser auf die "Lifeline" zu bringen.
Suche nach einer humanitären Lösung
Auch der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, machte sich für eine humanitäre Lösung stark. Die Zahl der Migranten, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, sei auf das Niveau von vor 2014 zurückgegangen. "Europa ist heute nicht mehr im Kern einer Migrations- oder Flüchtlingskrise", sagte er. Mehr als neun von zehn Flüchtlingen oder Vertriebenen weltweit befänden sich außerhalb Europas. Am Donnerstag hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk beklagt, dass innerhalb von nur drei Tagen 220 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken seien.