Unter Theologen herrscht Dissens: Bischof Gerhard Feige hat die Entwicklungen im Kommunionsstreit als völlig unverständlich bezeichnet. In einer am Mittwoch in Magdeburg veröffentlichten Stellungnahme schreibt der Ökumene-Bischof der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Verbitterung und Resignation machten sich breit, nachdem der Papst seinen Auftrag, bei der Öffnung der Kommunion für protestantische Ehepartner eine möglichst einmütige Regelung zu finden, nun offensichtlich wieder rückgängig gemacht habe. Andere katholische Bischöfe sehen dies nicht so pessimistisch. Auch in der evangelischen Kirche fallen die Interpretationen unterschiedlich aus.
Bischof Karl-Heinz Wiesemann (Speyer), der die Glaubenskommission der Bischofskonferenz leitet, sieht in den Entwicklungen "ein positives Signal". Denn die von der deutschen Bischofskonferenz aufgeworfene Frage werde als bedeutsam für die Universalkirche eingeschätzt, erklärte Wiesemann auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) am Mittwoch.
Schaden "noch nicht abzusehen"
Am Montagabend hatte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, ein Schreiben des Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria, erhalten, wie die Bischofskonferenz mitteilte. Nach dem im Internet kursierenden Brief ist die geplante Handreichung der katholischen deutschen Bischöfe zur Öffnung der Kommunion für protestantische Ehepartner nach Ansicht des Papstes noch nicht reif zur Veröffentlichung. Auf ihrer Frühjahrsvollversammlung hatten die Bischöfe mit Drei-Viertel-Mehrheit beschlossen, eine pastorale Handreichung für die Teilnahme protestantischer Ehepartner an der Kommunion in Einzelfällen auf den Weg zu bringen.
Der katholische Ökumene-Bischof Feige schrieb: "Die Enttäuschung ist bei vielen groß, der Schaden noch nicht abzusehen. Wunden sind neu aufgebrochen." Offensichtlich seien die katholischen Prinzipien des Ökumenismus auch 50 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil manchen immer noch fremd. Außerdem würden auf einmal Bedingungen zum Sakramentenempfang erhoben, die man gegenüber den eigenen Gläubigen gar nicht mehr durchzusetzen vermag. "Schließlich ist aber auch davon auszugehen, dass in dieser innerkatholischen Auseinandersetzung nicht allein Glaubens- oder Denkwelten aufeinanderstoßen, sondern auch handfeste Interessen und unschöne Methoden im Spiel sind."
Hoffnung auf ökumenische Weite und Sensibilität
Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, räumt den katholischen Bischöfen in Deutschland kaum mehr Einfluss auf eine Öffnung der Kommunion für Protestanten ein. "Die Haltung des Vatikans ist eindeutig: Ökumene gibt es nur zu römischen Bedingungen", schrieb der Theologe am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter. Von "versöhnter Verschiedenheit" sei keine Rede, kommentierte Huber. "Für manche eine Illusion weniger."
Hoffnungsvoll äußerte sich dagegen der katholische Speyrer Bischof Wiesemann: Mit dem römischen Schreiben sei "keine Korrektur der bisherigen, sensiblen pastoralen Handhabe" verbunden, die im Einzelfall Ausnahmen kenne. Er hoffe, dass die Frage der Teilhabe protestantischer Ehepartner an der Kommunion weiterhin in der erforderlichen ökumenischen Weite und Sensibilität behandelt werde, und erwarte, dass dieser Prozess am Ende zu einer Lösung führe. Zuversichtlich stimme ihn die Ausführung von Erzbischof Ladaria, dass es angebracht erscheine, das Urteil über das Vorliegen einer drängenden, schweren Notlage dem Diözesanbischof zu überlassen.
Auch der evangelische Nordkirchen-Bischof Gerhard Ulrich sieht sich nach Gesprächen im Vatikan von der katholischen Kirche im Bemühen um Ökumene bestärkt. "Für den ökumenischen Weg von Lutheranern und Katholiken weltweit haben wir in den Gesprächen viel Rückenwind erfahren", erklärte der Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (LWB) am Mittwoch. Luis Ladaria habe am Vortag den Eindruck der LWB-Delegation bestätigt, wonach der Papst den ökumenischen Dialog mit den Lutheranern systematisch fortentwickeln wolle, so Ulrich, der Rom mit einer Delegation des Deutschen Nationalkomitees besuchte.
Das Verständnis des Abendmahls ist nach wie vor einer der größten Unterschiede zwischen Katholiken und Protestanten. An katholischen Abendmahlfeiern dürfen bislang in der Regel nur Katholiken teilnehmen.