"Wir müssen voranschreiten, doch nicht ungestüm vorpreschen", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Montag Vatikanangaben zufolge bei einer Privataudienz für eine Delegation des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB). Ziel des Dialogs sei eine vollständige Überwindung der Divergenzen, erklärte der Papst. Angesichts von Konflikten in der katholischen Kirche um gemeinsame Abendmahlsfeiern mit Protestanten warnte er vor elitärem Vorgehen in der Ökumene. Er drang vielmehr darauf, möglichst viele Gläubige in den Annäherungsprozess mit einzubeziehen.
Das gemeinsame Reformationsgedenken, zu dem der Papst am 31. Oktober 2016 ins schwedische Lund gereist war, hätte "wegen der Wunden der Vergangenheit Polemik und Missgunst hervorrufen können", sagte Franziskus. Dabei sei jedoch deutlich geworden, dass die zum Teil sehr schmerzliche Geschichte, in der Katholiken und Protestanten oft im Konflikt miteinander gestanden hätten, in den letzten 50 Jahren einer wachsenden Gemeinschaft gewichen sei.
Ulrich hofft auf konkrete Fortschritte
Der Vorsitzende der LWB-Delegation, der Schweriner Landesbischof Gerhard Ulrich, betonte, das gemeinsame Reformationsgedenken habe "Impulse freigesetzt, die für uns unumkehrbar sind" und die auch nach 2017 gemeinsam zum Handeln aufforderten. Ulrich erhofft nach eigenen Worten konkrete Fortschritte insbesondere beim Gesprächsprozess zwischen LWB und Vatikan zu Amt, Eucharistie und Kirche.
Der Delegationsvorsitzende, auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), würdigte in diesem Zusammenhang die Initiative der katholischen Deutschen Bischofskonferenz zur Eucharistie von konfessionsverschiedenen Paaren. "Wir vertrauen darauf, dass die deutsche Ortskirche einmütig eine seelsorgerlich umsichtige sowie vor der katholischen Lehre verantwortbare Lösung findet", erklärte er. Zuletzt hatte eine geplante Handreichung zur Teilnahme protestantischer Ehepartner an katholischen Kommunionsfeiern in Einzelfällen unter den deutschen katholischen Bischöfen für Streit gesorgt.
Im Anschluss an die Papstaudienz standen Begegnungen mit dem Präsidenten des päpstlichen Einheitsrats, Kardinal Kurt Koch, und dem Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria Ferrer, auf dem Programm. Im Rahmen ihrer bis 7. Juni währenden Italienreise wollen die LWB-Vertreter, darunter der VELKD-Catholica-Beauftragte Landesbischof Karl-Hinrich Manzke, auch Aktivitäten der evangelisch-lutherischen Sozialarbeit in Süditalien besuchen.