Da seit 2013 alle Überhangmandate ausgeglichen werden, kann der Bundestag deutlich größer werden als vorher. Seit der Bundestagswahl 2017 gibt es 709 statt der eigentlich vorgesehenen 598 Abgeordneten. Es ist der größte Bundestag in der Geschichte der Bundesrepublik.
Eine Wahlrechtsreform, die zu einer deutlichen Verkleinerung des Bundestages führt, würde zu Lasten aller Fraktionen gehen. Um eine Einigung nicht zu gefährden, will Schäuble nicht sagen, welches Wahlrecht ihm vorschwebt. Es sei allerdings weithin akzeptiert, "dass die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag möglichst genau dem Zweitstimmenergebnis entsprechen sollen". Anders als sein Vorgänger Norbert Lammert (CDU) lehnt Schäuble eine Verlängerung der Legislaturperiode des Bundestags von vier auf fünf Jahre ab. "Davon halte ich nichts", sagte Schäuble der "Süddeutschen Zeitung".
Der Bundestagspräsident kritisierte außerdem den deutschen Föderalismus. Hier habe sich die Macht zu sehr auf die Länder verlagert. "Das föderale System leidet zunehmend darunter, dass die Ministerpräsidenten ihre Profilierung durch Aktionen auf Bundesebene suchen müssen, da sie sonst nicht ausreichend wahrgenommen werden." Insbesondere rügte er die seit langem übliche Praxis in den Ländern, sich in allen Streitfragen im Bundesrat zu enthalten. "Wir haben heute eine satte Enthaltungsmehrheit im Bundesrat", klagte Schäuble.
Den Einzug der AfD in den Bundestag will er bei aller Kritik an der Partei als Chance für die Demokratie nutzen. "Es ist erst mal gut und nicht schlecht, dass wir alle neu herausgefordert werden", sagte Schäuble. Außerdem sei das Übergewicht der großen Koalition nicht mehr so erdrückend wie in der letzten Legislaturperiode. "Damit wird alles in sich spannender. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich was bewegt", sagte der Bundestagspräsident.