Gudrun Nicolaus ist schon ein Stück weiter als die Teilnehmer der "T-Days 2018". "Ich steuere hart aufs Examen zu", sagt die 24-jährige Theologiestudentin. Ihr Ziel ist klar: Nicolaus möchte Pastorin werden. Dass es für den einen oder anderen Teilnehmer ebenfalls in Richtung Verkündigung des Wort Gottes geht, hält sie für möglich. Einige können es sich durchaus vorstellen, andere hadern noch – mit ihrer Studien- oder Berufswahl zumindest.
Mathis Burfien und Daniel Rudolphi sind zwei von mehreren organisatorischen Köpfen hinter den dritten "T-Days". Burfien tut dies als Referent der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, Daniel Rudolphi ist damit bei der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) als Pastor mit Sonderaufgabe betraut. Bei den "T-Days" konnten sich junge Leute, die zumindest das Dasein als Pastor als berufliche Perspektive im Blick haben, drei Tage lang über die Inhalte informieren.
Das Thema in diesem Jahr lautete "Glück". Wie vielschichtig es ist, haben die zwischen 15 und 19 Jahre alten Teilnehmer in Workshops mit engagierten Diskussionen, Kunst, Improtheater und den klassischen Gruppenspielen aus der evangelischen Jugend erfahren.
Die 19-jährige Leonie von Bodelschwingh und die 18-jährige Elena Kuschmann überlegen, Theologie zu studieren. "Ich wollte im vergangenen Jahr schon an den T-Days teilnehmen", sagt Kuschmann. Das Theologiestudium habe sie "schon lange im Kopf". Aber bevor sie von ihrem jetzigen Studiengang Sonderpädagogik einen neuen Weg einschlage, müsse sie sich erst einmal informieren. Dies, machen die beiden jungen Frauen deutlich, sei für sie wichtig. Sowohl von Bodelschwingh als auch Kuschmann sind "familiär vorbelastet", wie sie es beide mit einem verschmitzten Lächeln umschreiben: Entweder ein Elternteil oder gar beide seien Pastoren. Deshalb müsse so etwas wie eine neutrale Instanz her.
Während sich die beiden noch orientieren, hat der 18-jährige Vinzent Wiedemann sein Ziel klar vor Augen: "Ich weiß schon ziemlich lange, dass ich Theologie studieren will!" Zurzeit leiste er ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ab, danach geht es gleich an die Uni. Die "T-Days" seien für ihn eine willkommene Gelegenheit, um sein thematisches Interesse zu vertiefen. Lachend fügt Wiedemann hinzu: "Und ich suche noch ein WG-Zimmer."
Auch Aaron Syrzisko weiß, wo er seine Zukunft sieht. Nach einem Jahr Wirtschaftsgymnasium habe er erkannt, dass die Welt der Zahlen, Theorien und Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung nicht seine Welt sei, gibt der 17-Jährige zu verstehen: "Da mein Glaube den größten Teil meines Lebens einnimmt, habe ich mich für die Theologie und die Religion entschieden. Das ist was völlig anderes."
Bis er sich endgültig festlegen muss, hat der 15-jährige Marc Vonstrohe noch ein bisschen Zeit. Aber er schaut sich schon recht bewusst um. Vonstrohe ist mit Leib und Seele ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Evangelischen Jugend des Kirchenkreises und tauscht sich nach eigener Darstellung mit seinem Pastor über den Glauben aus. Einen Entschluss hat er auch schon gefasst: Als künftiger Geistlicher möchte er sich mehr den jungen Leuten widmen. "Das", findet er, "kommt bei den Pastoren heute viel zu kurz. Sie sind viel zu sehr auf die Senioren fixiert."
Der Weg bis in die Gemeinde ist weit. Davor stehen das Theologiestudium und das Vikariat. "Bis ich vor der Gemeinde stehe, vergehen locker zehn Jahre", ist sich beispielsweise Gudrun Nicolaus klar.
Deshalb ist es aus ihrer Sicht richtig und wichtig, für junge Interessierte ein Angebot wie die "T-Days" zu machen. Mathis Burfien hebt hervor, dass sie bewusst als Berufsorientierungs- und Berufsinformationsformat angelegt sind. Die Zusammenarbeit in dieser Form zwischen der evangelisch-lutherischen Landeskirche, der Bremischen Evangelischen Kirche, dem Bistum Hildesheim, dem Kloster Bursfelde und der Universität Göttingen als Kooperationspartner sei vor dem Hintergrund, dass sich Protestanten und Katholiken zusammengetan hätten, einzigartig, so Mathis Burfien. Er ergänzt mit einem Augenzwinkern: "Selbst innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland ist das nicht selbstverständlich."
Letztlich aber sind sich Burfien und Rudolphi sicher: Die "T-Days" seien für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen das richtige Format. Mathis Burfien sagt: "Es ist uns wichtig, dass wir einen Raum schaffen, das Jugendliche selbst zur Klärung kommen, ob sie das Studium möchten oder nicht." Zwar sei Theologie "ein Studium, das viele Freiheiten lässt", ergänzt Daniel Rudolphi. Doch gerade das könne es den jungen Leuten schwer machen, ihre Richtung zu finden.
Die Facetten kirchlichen Lebens werden denn auch recht schnellt deutlich. Und dem Außenstehenden wird klar: Dabei gibt es ziemlich viel Spaß. Für den sorgt unter anderem Linda Schnackenberg, Diakonin aus dem Kirchenkreis Buxtehude, mit ihren Spielen zum Aufwärmen und Einführen in das Thema. "Glück", sagt sie beispielsweise, "gibt es ja auch im Casino." Jeder aus der Gruppe kann sich – unter großem Gelächter und mit einem entsprechend lustig-hohen Geräuschpegel – von der "armen Kirchenmaus" bis zum "Scheine werfenden Proll" nach oben arbeiten. Bei diesem und den anderen Spielen haben die jungen Leute extrem viel Spaß.
In den Workshops konzentrieren sich die Teilnehmer voll auf das Thema. Die Teamer brauchen niemanden aufzufordern mitzudiskutieren. So geht es in der Theologischen Werkstatt unter der Leitung von Eberhard Tiefensee, emeritierter Professor der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, ums Thema "glücklich SEIN": Er beleuchtet das Glück in der Philosophie und der Theologie. Immer wieder haken die jungen Leute bei Tiefensee nach. Es entwickelt sich eine vielschichtige Diskussion. Nur bei der Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Theologie stutzen die Zuhörer. Tiefensee macht klar: Beides gehört zusammen. Überhaupt sei die Philosophie eine wichtige Disziplin. Tiefensee meint: "Sie kann das erklären, was die Einzelwissenschaften nicht können."
Ähnlich bodenständig und leidenschaftlich geht es in den anderen Werkstätten zu. Hier und da müssen die jungen Teilnehmer erst einmal das verdauen, was sie mit auf den Weg genommen haben. Aber die Beantwortung der Frage "Was ist denn nun Glück" fällt ihnen unterm Strich leicht. Marc Vonstrohe und Aaron Syrzisko finden eine universelle Formel. "Gott hat das Glück für jeden Menschen vorgesehen", sagt Marc Vonstrohe. Aaron Syrzisko unterscheidet drei Arten von Glück: Das Dankbar sein, dass Gott die Erde geschaffen hat, dass Jesus für die Menschen gestorben ist und die Möglichkeit, die Gemeinschaft und den Glauben leben zu können. Ähnlich sieht es Elena Kuschmann: "Glück ist für mich, dass ich Menschen um mich herum habe, die es gut mit mir meinen." Leonie von Bodelschwingh sieht zwei Wege: "Glück ist ein Zustand, in den ich mich selbst bringen kann und in den andere Menschen mich bringen können."
Und was meinen die Teamer? Diakonin Linda Schnackenberg definiert Glück als den Umstand "so zu leben, wie ich leben möchte". Gudrun Nicolaus hält inne: "Glück ist schwierig zu definieren, ohne des zu banalisieren oder zu utopisieren." Sie umschreibt es am Ende so: "Glück ist, wenn mir etwas Positives widerfährt, ohne dass ich es verdient habe. Glück ist aber auch, wenn ich meine Fahrkarte vergessen habe nicht kontrolliert werde."