Thema Abtreibungsrecht belastet Koalitionsklima

Thema Abtreibungsrecht belastet Koalitionsklima
Die Auseinandersetzung um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche überschattet den Start in die Regierungskoalition: Unionsabgeordnete zeigen sich nach einem "Spiegel"-Bericht empört darüber, dass die SPD einen eigenen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs eingebracht hat.

Demnach wirft der familienpolitische Sprecher der Union, Marcus Weinberg, der SPD "stilloses" Verhalten vor. "Die SPD hat in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen Gesetzentwurf mit Maximalforderung eingebracht, der die Union in einer ihrer Grundüberzeugungen vor den Kopf stößt", sagt Weinberg dem "Spiegel". Die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, sprach von "keinem vertrauensvollen Start" in eine neue Koalition. "Ich hätte nicht gedacht, dass die neue Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles als Erstes ihren Namen unter einen Antrag setzt, mit dem der Schutz des ungeborenen Lebens vermindert werden soll." Sollte die SPD die Abschaffung des Paragrafen 219a durchsetzen, "ist zu überlegen, ob wir vor das Bundesverfassungsgericht ziehen".

Der Prozess gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel vor knapp vier Monaten hatte die Debatte über das Werbeverbot ausgelöst. Hänel hatte auf der Internetseite ihrer Praxis über Abtreibungen informiert und war dafür zu einer Geldstrafe verurteilt worden. SPD, Linke und Grüne sind der Überzeugung, dass das Werbeverbot auch Informationen für schwangere Frauen verhindert. Sie wollen den Paragrafen daher streichen. Union und AfD sind dagegen. Die FDP wirbt für einen Kompromiss.



Bei einer ersten Beratung im Bundestag vor zwei Wochen hatte die SPD aus Rücksicht auf die geplante Koalition ihren eigenen Entwurf zur Abschaffung des Werbeverbots nicht eingebracht. In der vergangenen Woche teilte die SPD-Politikerin Eva Högl dann mit, das nun doch tun zu wollen. In einem parteiinternen Schreiben bekräftigte die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer dann am Donnerstag das Nein ihrer Partei zur Abschaffung des Paragrafen.

Die FDP erneuerte ihr Angebot zur Zusammenarbeit bei der Reformierung des 219a. Die Abschaffung des Paragrafen sei auch für die FDP nur die "zweitbeste Lösung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, der "Rheinischen Post" (Samstag). Die FDP sei nur gezwungen, SPD, Grünen und Linkspartei dafür zur Mehrheit im Bundestag zu verhelfen, wenn ihr eigener "minimalinvasiver Eingriff" keine Mehrheit finde.

"Wir wollen eine moderate, aber unbedingt erforderliche Anpassung", erklärte Buschmann. Der FDP-Entwurf solle seriösen Ärzten Schutz vor Strafverfolgung gewähren, gleichzeitig aber anstößige Werbung ausschließen.