Die AfD-Fraktion im Bundestag will eine Medienoffensive starten und ihre Kommunikation über eine redaktionsähnliche Kommunikationsabteilung steuern. Fraktionschefin Alice Weidel begründete dies gegenüber dem Magazin "Focus" laut einer Vorabmeldung vom Freitag damit, dass die AfD angeblich von vielen Medien ignoriert "oder mit Fake News gezielt schlechtgemacht" werde. Das Vorhaben markiere "eine innovative Zeitenwende in der Bundesrepublik". Sprecher anderer Fraktionen erklärten, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit seien strikt zu trennen.
Dem "Focus"-Bericht zufolge sollen vom April an neben der klassischen Pressestelle rund 20 weitere Mitarbeiter in einem eigenen Newsroom für die Kommunikation zuständig sein. Die Arbeitsweise werde der in journalistischen Redaktionen ähneln. Der Schwerpunkt solle auf der Verbreitung der AfD-Inhalte in den sozialen Medien liegen.
Die Mitarbeiter sollen im Schichtbetrieb rund um die Uhr tätig sein, wie das Magazin weiter meldet. Drei von ihnen würden sich auf Recherche spezialisieren und Themen ausfindig machen, die laut Weidel "unter den Teppich gekehrt werden". Zu diesem Zweck werde in den Fraktionsräumen der AfD im Berliner Jakob-Kaiser-Haus auch ein eigenes TV-Studio eingerichtet. Finanziert werden soll die Kommunikationsabteilung aus den Mitteln, die die Fraktion erhält, sagte AfD-Sprecher Christian Lüth dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Laut Abgeordnetengesetz haben die Fraktionen und ihre Mitglieder das Recht, die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit zu unterrichten. Sie dürfen die Geld- und Sachleistungen, die jeder Fraktion zustehen, indes nur für Aufgaben verwenden, die sie nach dem Abgeordneten- und dem Grundgesetz sowie der Geschäftsordnung des Bundestages haben. "Eine Verwendung für Parteiaufgaben ist unzulässig", heißt es in dem Gesetz. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags kamen 2006 zu dem Schluss, dass die Fraktionen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit insbesondere nicht in Wahlkämpfe eingreifen dürfen.
Der Bundesrechnungshof kann im Nachhinein die Ausgaben der Fraktionen daraufhin überprüfen, ob sie unzulässigerweise auch für Belange der Partei eingesetzt worden sind. Bei diesen Prüfungen sei in der Vergangenheit auch die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen ein Thema gewesen, sagte der Sprecher des Bundestages, Frank Bergmann, dem epd. Nach eigenen Angaben hat der Bundesrechnungshof zuletzt in den Wahljahren 2009 und 2013 die Ausgaben der Fraktionen für öffentlichkeitswirksame Maßnahmen überprüft und die Ergebnisse der Bundestagsverwaltung zugeleitet. Veröffentlicht werden sie nicht.
Der stellvertretende Leiter der Pressestelle der SPD-Fraktion, Ali von Wangenheim, erklärte, die Arbeit der Pressestelle und die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion würden strikt getrennt. Eine Pressestelle arbeite nicht wie eine Redaktion, sondern sei "zu 90 Prozent eine Serviceeinrichtung", die die Verbindung zu den Medien herstelle. Der Sprecher der Grünen-Fraktion, Andreas Kappler, zeigte sich gelassen: "Wir gucken uns das erst mal an", sagte er zu den AfD-Plänen. Die Unionsfraktion erklärte, man kommentiere die Berichte über die Pläne der AfD nicht.
Bei der Linksfraktion stieß die Ankündigung der AfD auf Spott. Die Rede von einer "innovativen Zeitenwende" sei "maßlos übertrieben", sagte der stellvertretende Fraktionssprecher Hanno Harnisch. Bei dem Vorhaben gehe es "maximal um die Gründung einer Abteilung für Agitation und Propaganda". Im Übrigen werde, seit die Partei im Bundestag sei, regelmäßig und vornehmlich sachlich über sie berichtet, fügte Harnisch hinzu. Davon, dass sie von den Medien ignoriert werde, könne keine Rede sein.