Flüchtlingsdienst hofft auf Vernunft beim Familiennachzug

 Flüchtlingsfamilie
Foto: dpa/Bernd Thissen
Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst hat die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von Union und SPD zum Thema Flüchtlinge als "insgesamt enttäuschend, engherzig und rückwärtsgewandt" bezeichnet.
Flüchtlingsdienst hofft auf Vernunft beim Familiennachzug
Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst hat die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von Union und SPD zum Thema Flüchtlinge als "insgesamt enttäuschend, engherzig und rückwärtsgewandt" bezeichnet.

Er hoffe, dass die Akteure in möglichen Koalitionsverhandlungen noch zu Änderungen finden, sagte der Leiter der Organisation, Pater Frido Pflüger, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Politiker sollten "ihre aufgeplusterten Reden lassen, mit denen sie den überschätzten rechten Rand befriedigen wollen, und Entscheidungen treffen, die zukunftsorientiert und menschenfreundlich sind."

"Ich vermisse den Mut zu einem Flüchtlingsschutz, wie er der Verantwortung und den Möglichkeiten eines so großen und starken Landes wie Deutschland entspricht", sagte Pflüger. Integrationspolitisch sei die Einschränkung zum Familiennachzug schädlich.

Zahl von 1.000 Angehörigen pro Monat "viel zu niedrig"

Der ausgesetzte Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz soll von einer Neuregelung abgelöst werden, die einen "geordneten und gestaffelten" Nachzug "nur aus humanitären Gründen" ermöglicht. Dazu sagte der Leiter des Dienstes: "Wie soll denn aus einem Personenkreis, der grundgesetzlich und völkerrechtlich geschützt ist, noch eine Auswahl unter "humanitären" Aspekten getroffen werden?" Er hoffe nach wie vor auf die Vernunft, den Familiennachzug auch für subsidiär Geschützte wieder einzuführen.

Künftig sollen 1.000 Angehörige von in Deutschland lebenden Flüchtlingen pro Monat nachziehen dürfen. Pflüger sagte, es sei ihm ein Rätsel, wie das gehen soll. Abgesehen von rechtlichen Problemen bei der Umsetzung "ist die genannte Zahl völlig aus der Luft gegriffen und viel zu niedrig".

Der Chef des Flüchtlingsdienstes kritisierte zudem den Plan, im Gegenzug zum gelockerten Familiennachzug die freiwillige Übernahme von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien zu beenden. Deutschland sei eines der reichsten und wirtschaftlich stärksten Länder der Welt. Aber: "Alle Zahlen, die im Sondierungspapier genannt werden, verkaufen dieses Land wie einen Kleinststaat. Selbst ein armes Land wie Uganda traut sich da viel mehr zu."

Europa stärken zu wollen und gleichzeitig in der Flüchtlingspolitik die Außenstaaten hängen lassen, das gehe nicht zusammen, betonte der Experte. Pflüger rief die künftige Regierung auf, die Handelsbeziehungen zum Beispiel zu afrikanischen Staaten gerechter zu gestalten und Rüstungsexporte zu beschränken, statt weiterhin autoritäre Regime für die sogenannte Migrationskontrolle aufzurüsten. "In diesen Bereichen tragen Europa und Deutschland eine große Mitschuld daran, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Die deutsche Politik hat viele Möglichkeiten, das zu ändern."