"Die Entscheidung Trumps, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, kann man nicht wie manche andere seiner Verlautbarungen nur als politische Dummheit einordnen", sagte der evangelische Theologe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diese Proklamation müsse vielmehr so behandelt werden wie Trumps Provokation gegenüber Nordkorea vor einigen Wochen: "Er legt Feuer bei internationalen Konflikten und zwar leichtfertig, fahrlässig und hochgradig dumm."
Meister zitierte in diesem Zusammenhang den von den Nationalsozialisten ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), der gesagt habe, Dummheit sei ein viel gefährlicheres Phänomen als das Böse. Gegen das Böse könne man kämpfen, aber Dummheit sei ein menschlicher Defekt, der nicht mit Argumenten geheilt werden könne. "Die These Bonhoeffers trifft nach meiner Wahrnehmung auch auf Donald Trump zu", sagte Meister, der auch Ratsvorsitzender der evangelischen Kirchen in Niedersachsen ist.
Es sei extrem verunsichernd und alarmierend, wie evangelische Christen in den USA zur Wahl Trumps beigetragen hätten und ihn auch weiterhin unterstützten. "Die Trumpsche Politik unterscheidet sich grundlegend von der Wahrhaftigkeit eines christlichen Ethos. Es ist für mich ein großes Rätsel, wie sich breite Kreise im evangelikalen Lager damit identifizieren können", betonte Meister und fügte hinzu: "Ich wünsche mir, dass die europäischen Kirchen ein klares Signal gegen diese gefährlichen Auswüchse eines derartigen US-Protestantismus setzen."
Am Verbrennen der blauen Davidstern-Flagge in Berlin Anfang Dezember als Reaktion auf das Trump-Votum für Jerusalem sei ein markanter Anti-Israelismus zu beobachten gewesen, betonte Meister. Es gebe einen wachsenden Antisemitismus, der auch von in Deutschland lebenden arabischen Mitbürgern getragen werde. "Damit bekommt der ohnehin in rechtsextremen Parteien und Gruppierungen existierende Antisemitismus weiteren Zulauf und eine besondere Radikalität."
Er sehe es durchaus als eine Verantwortung von Christinnen und Christen, israelische Politik sachgerecht zu kritisieren, betonte Meister, der unter anderem auch in Israel studierte. "Wir erleben in den besetzten Gebieten viele Handlungen, die völkerrechtlich problematisch sind", sagte der Bischof: "Und das muss man auch sagen dürfen." Dagegen sei es aber "hochgefährlich und grober Unfug", die israelische Politik mit Verallgemeinerungen und Vorurteilen gegenüber Juden zu vermischen und bewerten zu wollen. Um am Frieden in dieser Region weiter zu arbeiten, müsse es bei einem offensiven Plädoyer für eine Zwei-Staaten-Lösung bleiben.