Wie die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwoch) unter Berufung auf eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) berichtete, wurden 2015, direkt nach der Einführung der gesetzlichen Lohnuntergrenze, noch 2,1 Millionen Beschäftigte schlechter bezahlt als 8,50 Euro pro Stunde. Auch im ersten Halbjahr 2016 bekamen demnach 1,8 Millionen Menschen keinen Mindestlohn, obwohl sie eigentlich einen Anspruch darauf haben.
Die Zahlen des DIW liegen deutlich über den offiziellen Angaben der Mindestlohnkommission, die von der Bundesregierung eingesetzt wurde. Diese hatte in ihrem bislang einzigen Bericht über die "Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns" angegeben, dass 2015 nur 1,4 Millionen Menschen unterhalb eines Stundenlohns von 8,50 Euro gearbeitet hätten, also etwa 700.000 Menschen weniger.
DIW-Studienautor Jürgen Schupp erklärt diese Differenz in der "Süddeutschen Zeitung" mit der unterschiedlichen Erhebung der Zahlen. Während sich die Mindestlohnkommission auf Ergebnisse der sogenannten Verdienststruktur-Erhebung beruft, also auf die Angaben aus den Lohnbuchhaltungen der Betriebe, haben die DIW-Forscher die Beschäftigten selbst befragt. In ihrem sogenannten sozio-ökonomischen Panel berichten Arbeitnehmer aus 11.000 Haushalten jedes Jahr, wie viel sie arbeiten und was sie verdienen.
Aus Angaben zu ihren tatsächlichen Arbeitszeiten, die nicht vertraglich festgehalten sind, ergebe sich eine noch höhere Zahl von Menschen, die unterhalb des Mindestlohns arbeiten, hieß es in dem Bericht. Im Jahr 2016 seien das 2,6 Millionen Erwerbstätige gewesen. Schließt man die Beschäftigten ein, für die branchenspezifische Mindestlöhne gelten, waren es laut DIW im vergangenen Jahr sogar 3,3 Millionen Menschen und damit zehn Prozent aller Beschäftigten.