"Ein Gespür dafür entwickeln, ob ich mich heute genügend bewegt habe? Überflüssig, die Gesundheitsapp sagt's mir. Vorratsplanung? Überflüssig, der Kühlschrank weiß selbst, wann neue Milch kommt", fügte sie veranschaulichend hinzu.
Zwar sei es verständlich, wenn etwa aufgrund des Pflegemangels an Pflegerobotern gearbeitet werde. "Andererseits wird mit jeder technischen Lösung eines gesellschaftlichen Problems unserer soziale Kreativität weiter abnehmen", gab die Autorin zu bedenken.
Im Kern geht es laut Dorn um die Frage, wie der Mensch die Freiräume nutzt, die ihm die neue Technik beschert. In autonom fahrenden Autos etwa würden die Leute vermutlich die gewonnene Zeit nicht damit zubringen, "Aristoteles oder wenigstens die Zeitung zu lesen", sagte die Schriftstellerin. "Sie werden noch mehr an ihren Geräten herumdaddeln."
Mit Blick auf die Optimierung des Lebens durch Technik und Medizin sagte die Autorin, es gebe für den Menschen zwei Möglichkeiten: Entweder er finde sich damit ab, dass er neben all dem Großartigen, das er kann, auch ein beschränktes Mängelwesen sei - "manchmal traurig, manchmal krank und am Schluss steht der Tod". Oder er wolle dies endgültig hinter sich lassen, ewig fit und in letzter Konsequenz auch unsterblich sein. "Unser abendländisches, humanistisch geprägtes Weltbild wäre damit am Ende", sagte Dorn, in deren jüngstem Roman "Die Unglückseligen" es um die Abschaffung der Sterblichkeit geht.
Technischer Forschritt mindert soziale Kreativität
Technischer Forschritt mindert soziale Kreativität
Die Schriftstellerin Thea Dorn beschleicht angesichts des technischen Fortschritts ein mulmiges Gefühl. "Mich beunruhigt die Rasanz, mit der wir Entscheidungen, die wir früher selbst treffen mussten, oder Kompetenzen, die wir uns selbst aneignen mussten, an die Technik delegieren", sagte die 47-jährige Autorin dem evangelischen Monatsmagazin "chrismon" (Dezember).