An einer Kundgebung am Samstagnachmittag in der Lutherstadt beteiligten sich nach Angaben von Mitinitiator Ulrich Hentschel etwa 40 Gleichgesinnte. Die Initiatoren sehen in dem Relief eine "anhaltende Schmähung jüdischer Menschen und des Judentums". Sie fordern, dass das Relief, im Original oder als Duplikat, in einem "neu gestalteten Kontext" präsentiert wird, um zum Nachdenken anzuregen und eine Absage an Antisemitismus zu formulieren.
Das Relief zeigt eine Sau, die Menschen säugt - gemeint sind Juden. Im Mittelalter wurden durch solche Abbildungen, die auch an anderen Kirchen zu finden sind, Juden geschmäht. Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums ist in Wittenberg eine Debatte über den Umgang mit der "Judensau" entbrannt, die wegen einer nachträglich ergänzten Inschrift auch "Luthersau" genannt wird.
Außer dem ehemaligen Studienleiter der Evangelischen Akademie in Hamburg, Hentschel, gehörten auch der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik und der Theologe Uwe-Karsten Plisch zu den Initiatoren der Kundgebung. Alle drei entwickelten nach den Worten Hentschels in ihren Redebeiträgen am Samstag in Wittenberg unterschiedliche Vorschläge zum künftigen Umgang mit der Schmähskulptur. So gibt es unter anderem auch Forderungen, dass das Relief an der Südseite der Kirche entfernt und in ein Museum überführt wird.
Die Gemeinde der Stadtkirche und der Wittenberger Stadtrat haben sich bislang für den Erhalt des Reliefs ausgesprochen. Die Initiatoren verweisen indes auch auf eine Erklärung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unter dem Titel "Umkehr und Erneuerung", mit der sie sich von Luthers Judenfeindschaft distanziert.
Besonders in seinen späten Schriften hetzte der Reformator Martin Luther (1483-1546) gegen Juden - eine Schattenseite Luthers, mit der sich die evangelische Kirche anlässlich des Reformationsjubiläums mehrfach auseinandersetzte. Am 31. Oktober finden in Wittenberg ein Festgottesdienst und ein Festakt zur Erinnerung an die 1517 von Luther veröffentlichten 95 Thesen statt. Die Thesen wurden zum Ausgangspunkt der Reformation, die zu der Spaltung in eine katholische und evangelische Kirche führte.