Theologe kritisiert Abschottung gegen Flüchtlinge

Theologe kritisiert Abschottung gegen Flüchtlinge
Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Martin Junge, hat am Samstagabend den mit 12.500 Euro dotierten Augsburger Friedenspreis erhalten. Der 56-jährige chilenische Theologe warnte bei der Preisverleihung in Augsburg vor einer Abschottung Europas gegen Flüchtlinge und mahnte die Wahrung der Menschenrechte an.

"Wer behauptet, Europa müsse seine Grenzen dichtmachen, um dadurch seine christliche Identität zu schützen, hat nichts vom christlichen Glauben und von seinem Gebot der Nächstenliebe verstanden", sagte der Preisträger.

Mit Abschottung werde christliche Identität keinesfalls geschützt, unterstrich Junge: "Abschottung widerspricht der Grunddynamik des christlichen Glaubens." Der Theologe rief dazu auf, beim Umgang mit Flüchtlingen deren Menschenrechte zu wahren: "Flüchtlinge lassen vieles zurück, wenn sie fliehen, jedoch nie ihre Menschenrechte." Darum dürften sie auch nicht in Gefängnissen gehalten oder in unsichere Herkunftsländer zurückgeschickt werden: "All das passiert jedoch zurzeit."



Zuvor hatte der evangelische Pfarrer bei einem Festgottesdienst das Engagement der deutschen Kirchen für Flüchtlinge hervorgehoben. Dieser Einsatz mache "Mut und Hoffnung", betonte Junge in seiner Dialogpredigt, die er zusammen mit dem Münchner Oberkirchenrat Michael Martin hielt. Religionsvertreter müssten aber "wachsam bleiben" und darauf achten, dass Religion nicht politisch instrumentalisiert werde.

Junge ist seit 2010 Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes. Dem LWB gehören 145 lutherische Kirchen mit mehr als 74 Millionen Mitgliedern an. Die Organisation betreut als Partner des UN Flüchtlingshilfswerks derzeit rund 2,5 Millionen Flüchtlinge weltweit.

Junge ist der erste lateinamerikanische Generalsekretär des Weltbundes. Der Sohn einer österreichischen Mutter und eines chilenischen Vaters war zuvor Präsident der evangelisch-lutherischen Kirche in Chile und machte sich dort insbesondere um die Ökumene verdient.

Junges "Charakter und sein Führungsstil haben ihm zu wohlverdienter Anerkennung verholfen", sagte César García bei der Preisverleihung. Der Präsident der mennonitischen Weltkonferenz hielt die Laudatio auf den Preisträger. Er hob Junges "unermüdliche Arbeit für die Versöhnung zwischen den Konfessionen und für das Streben nach Gerechtigkeit und Frieden" hervor.

In Junges Amtszeit fällt die Versöhnung der Lutheraner mit den Mennoniten im Jahr 2010. Auch zu anderen evangelischen Glaubensgemeinschaften wie den reformierten Kirchen schlug der Lutherische Weltbund seitdem eine Brücke. Ein besonderes Zeichen der Ökumene gelang, als Lutheraner und Katholiken am 31. Oktober vergangenen Jahres im schwedischen Lund gemeinsam das Reformationsgedenken feierten. Die Feier, so betonte Junge nun bei der Preisverleihung, habe ein "Signal gesetzt, dass sich Dialog auszahlt, dass Konflikt überwunden werden kann, dass das Wesen von Religion und Glauben nicht spaltend, sondern verbindend ist".