Die Jubiläumsblase mit ihren fantastischen Zielen eines "Sommermärchens", des Entstehens einer "Generation 2017" und eines Wachsens der evangelischen Kirche gegen den Trend sei geplatzt, schreibt der Universitätsprofessor Thomas Kaufmann in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Freitag). Die Besuchererwartungen seien "hypertroph" gewesen und verfehlt worden.
Als Grund für die aus seiner Sicht schlechte Bilanz des Festjahres nennt der Wissenschaftler, dass die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die akademische Theologie von der Planung für das Jubiläumsjahr ausgeschlossen habe. "Die früheren Reformationsjubiläen wurden vor allem von Staatsakteuren und Theologieprofessoren bestimmt. Das demnächst überstandene wird in die Geschichte der Jubiläen als das erste eingehen, das maßgeblich von Kirchenfunktionären gestaltet worden ist", schreibt Kaufmann.
Die evangelische Kirche feiert noch bis Ende Oktober 500 Jahre Reformation. 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.
Der Vorwurf einzelner Wissenschaftler wie Kaufmann, wonach die akademische Theologie nicht ausreichend in das Jubiläum einbezogen worden sei, steht seit längerem im Raum. Der theologische Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes, Thies Gundlach, indes hatte den Wissenschaftlern im Frühjahr vorgeworfen, dem Jubiläum in einer "Art besserwisserischer Ignoranz" gegenüberzustehen. Viele relevante theologische Wissenschaftler hätten sich aus der konstruktiven Diskussion um das Jubiläum abgemeldet, "weil sie bei der Kritik an Details stehengeblieben sind".