Nach zunächst ausbleibenden Besucherströmen bei der Weltausstellung Reformation in Wittenberg und teils deutlicher Medienkritik haben die Veranstalter am Ende doch eine zufriedene Bilanz gezogen. Vor allem in den vergangenen drei Wochen seien noch einmal viele Besucher zur Weltausstellung gekommen, so dass es "richtig voll" gewesen sei, sagte die Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das 500. Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, am Freitag in Wittenberg. Sie räumte ein, am Anfang der am 20. Mai eröffneten Ausstellung sei es mitunter leer gewesen. Man sei durch einen "Lernprozess" gegangen, sagte sie und sprach von einem "gelungenen Experiment".
In der Weltausstellung, die an diesem Sonntag zu Ende geht, präsentierten sich Kirchen, kirchliche Werke und Initiativen vor allem in den Wallanlagen Wittenbergs, aber auch an einzelnen Punkten der Stadt. Über 16 Wochen sei die Stadt selbst zum Ausstellungsgelände geworden, sagte Käßmann.
Veranstalter ziehen zufriedene Bilanz mit "einigen kritischen Punkten"
Zur Ausstellung gehörten teilweise kostenfreie Angebote und die in Kritiken hochgelobte Ausstellung "Luther und die Avantgarde" mit zeitgenössischer Kunst, die allein 31.000 Besucher anlockte. Die Gesamtbesucherbilanz fällt daher kompliziert aus. Geschäftsführer Ulrich Schneider vom Verein Reformationsjubiläum 2017 erläuterte, insgesamt seien 294.000 Eintritte in die Weltausstellung, die Kunstausstellung und Konzerte auf der Schlosswiese gezählt worden. Zur Halbzeitbilanz waren es 70.000. Dass Besucher dabei mehrfach gezählt wurden, ist nicht ausgeschlossen, weil sie oftmals mehrere Angebote in Anspruch nahmen oder Dauerkarten hatten.
Absolutes Besucher-Highlight der Aktivitäten zum 500. Reformationsjubiläum war das Asisi-Panorama mit einem 360-Grad-Blick auf das Wittenberg zur Zeit des Reformators Martin Luther (1483-1546). Dort wurde am Freitag der 300.000. Besucher gezählt. Das Panorama wird noch bis 2021 zu sehen sein. "Luther und die Avantgarde" wird wegen des Erfolgs bis zum 1. November verlängert, wie am Freitag mitgeteilt wurde. Die Ausstellung sollte ursprünglich zeitgleich mit der Weltausstellung enden.
Die Macher der Weltausstellung und der Stadt schätzen, dass es insgesamt mehr als eine halbe Million Menschen im Jahr des 500. Reformationsjubiläums nach Wittenberg gezogen hat. Dies basiert auf täglichen Schätzungen an ausgewählten Punkten der Stadt. Viele Touristen steuerten dabei die teilweise frisch sanierten historischen Wirkungsstätten Luthers an. Dazu zählen die Schlosskirche, an die der Reformator der Überlieferung nach seine 95 Thesen zu Veränderungen in der damaligen Kirche schlug, und das Luther-Haus, in dem Luther mit seiner Familie lebte.
Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör sagte, 2017 sei das "mit Abstand erfolgreichste und am besten besuchte Jahr" in der Stadt gewesen. Das Reformationsjubiläum und die Weltausstellung seien für Wittenberg ein Geschenk.
Die evangelische Kirche feiert noch bis Ende Oktober 500 Jahre Reformation, die durch Luthers Thesen 1517 ihren Ausgangspunkt nahm und die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte. Käßmann resümierte, bei der Weltausstellung sei es gelungen, ökumenisch, offen, dialogorientiert und international zu feiern. Gleichzeitig räumte sie ein, es habe auch "kritische Punkte" gegeben. Sie würden in die Auswertung einbezogen. Käßmann will noch bis zum Reformationstag am 31. Oktober ein Buch mit Beobachtungen von der Weltausstellung herausgeben.