Manche Volksentscheide suggerieren einfache Lösungen
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, sieht eine Öffnung der parlamentarischen Demokratie in Richtung Volksentscheide kritisch.
"Die Gefahr ist groß, dass sehr emotional entschieden wird und dass sich Themen vermischen", sagte Schwaetzer dem evangelischen Monatsmagazin "chrismon" (September). Das habe sich bei der Abstimmung zum "Brexit" in Großbritannien gezeigt, fügte sie hinzu, bei der der Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU verknüpft wurde mit ausländerfeindlichen Parolen.
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In einem Doppelinterview mit dem Internetaktivisten Gregor Hackmack, Deutschlandchef der Petitionsplattform "change.org", sagte die frühere Bundesministerin: "Bisweilen lassen sich vermeintlich einfache Lösungen, wie sie bei manchen Befragungen suggeriert werden, aber auch nicht ohne weiteres umsetzen." Das ändere sich auch nicht durch einen Volksentscheid. Schwaetzer betonte die Bedeutung von gewählten Parlamentariern für eine Demokratie: "Sie brauchen Personen, denen sie zutrauen, in Krisen die richtige Entscheidung zu treffen."
Nach Ansicht von Hackmack würde die parlamentarische Demokratie von einer Öffnung in Richtung direkte Demokratie sehr profitieren, gerade auf Bundesebene. Dabei sei es wichtig, dass Referenden von unten kämen und nicht von der Regierung angesetzt würden. "Die besten Volksentscheide sind die, die nicht stattfinden, weil Parlament und Regierung vorher reagieren." Hackmack kritisierte, dass 70 Prozent der Bevölkerung für Volksentscheide auf Bundesebene seien, der Bundestag sich aber einer Öffnung verweigere: "Das wird seit Jahrzehnten ignoriert."