Die Antikorruptionsorganisation Transparency International fordert von den Parteien zur Bundestagswahl klare Aussagen zur Korruptionsbekämpfung in Deutschland. Korruptionsbekämpfung fange im eigenen Land an. Die politisch Verantwortlichen seien gefordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller, am Dienstag in Berlin. Gerade vor dem Hintergrund des Erstarkens populistischer Strömungen müsse die Transparenz von politischen Prozessen und Entscheidungen ernster genommen werden. "Transparenz kann den Nährboden für Populismus austrocknen", sagte Müller.
In einem 18 Punkte umfassenden Katalog zur Bundestagswahl fordert Transparency verschärfte Regeln unter anderem zu den Themen Lobbyismus, Unternehmensverantwortung, Hinweisgeberschutz, Transparenzgesetze oder Bankenaufsicht. So sei es endlich Zeit für ein Unternehmensstrafrecht in Deutschland. Bislang könnten Unternehmen lediglich nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz verurteilt werden, kritisierte Müller. Die aktuell höchsten Bußgelder für Korruption von Unternehmen lägen bei nur zehn Millionen Euro.
Die Korruptionsbekämpfer fordern zudem gesetzliche Mindeststandards für die Compliance-Abteilungen in Unternehmen. Das Beispiel des Dieselskandals bei VW zeige, dass ein Unternehmen eine große Compliance-Abteilung haben kann, die aber praktisch ohne Einfluss sei, weil sie aus den Entscheidungsprozessen herausgehalten wird.
Auch müssten Hinweisgeber ("Whistleblower") arbeitsrechtlich geschützt werden. Wer auf Missstände in seinem Arbeitsbereich in angemessener Weise hinweise, dürfe keine Sorge um seinen Arbeitsplatz haben müssen oder strafrechtlich verfolgt werden. Fälle wie "LuxLeaks" und die Panama Papers machten deutlich, wie wichtig die Informationen von Hinweisgebern bei der Verfolgung von Straftaten sind, betonte Müller.
"Dass Einnahmen aus Sponsoring von den Parteien nach wie vor nicht veröffentlicht werden müssen, erzeugt den Eindruck, diese seien zuweilen käuflich"
Zudem fordert Transparency die Eindämmung des Lobbyismus durch ein verpflichtendes Lobbyregister und einen sogenannten legislativen Fußabdruck. Dabei wird dokumentiert, wer als externer Berater und Interessenvertreter bei der Ausarbeitung eines Gesetzes mitgewirkt hat. Derzeit gibt es laut Transparency in Berlin etwa 5.000 Lobbyisten, die ihrer Arbeit oft im Verborgenen nachgehen. Durch Lobbyregister und legislativen Fußabdruck solle erkennbar werden, welche Interessen in Gesetzgebungsverfahren zum Tragen kommen. Bei vielen Menschen herrsche mittlerweile der Eindruck vor, dass nicht alle Interessen im Land die gleichen Chancen haben, kritisierte Müller. Der intransparente Umgang des Bundesverkehrsministeriums mit dem Dieselabgasskandal habe da ein Beispiel geliefert.
Längst überfällig sei auch eine Verschärfung der Regeln der Parteienfinanzierung, sagte Müller. Parteispenden dürften 50.000 Euro pro Jahr nicht überschreiten und müssten ab 2.000 Euro verpflichtend veröffentlicht werden, fordert Transparency. Zudem müsse Sponsoring nach den gleichen Regeln transparent gemacht werden. "Dass Einnahmen aus Sponsoring von den Parteien nach wie vor nicht veröffentlicht werden müssen, erzeugt den Eindruck, diese seien zuweilen käuflich", warnte Müller. Zur Einhaltung der Transparenzregeln fordert Transparency einen unabhängigen Interessenbeauftragten ähnlich dem Datenschutzbeauftragten.