Die Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit schwindet, die Konkurrenz unter den Weltmächten nimmt zu: Wissenschaftler der fünf führenden Friedens- und Konfliktforschungsinstitute warnten am Dienstag vor der Aufrüstung der USA, Russlands und Chinas. Dies berge ein gefährliches Eskalationspotenzial, heißt es in dem in Berlin vorgestellten Friedensgutachten.
Die Forscher sprachen sich zudem für die Einrichtung von humanitären Schutzzonen aus, beispielsweise in Syrien. Solange es keine politische Lösung in Syrien gebe, seien humanitäre Maßnahmen von großer Bedeutung. Mangelnde Wasserversorgung, Hunger oder ein zusammengebrochenes Gesundheitswesen hätten ein Massensterben zur Folge.
Aber das Einlösen von Schutzversprechen könne militärischen Zwang erfordern, sagte Bruno Schoch vom Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Das Grauen des Krieges in Syrien nötige die Staatengemeinschaft und besonders die Europäer sich diesem friedenspolitischen und -ethischen Dilemma zu stellen.
"Mehr Militärausgaben bedeuten nicht mehr Sicherheit"
Zudem verurteilten die Wissenschaftler deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien und in die Türkei, vor allem aufgrund der Konflikte in der Region. Entgegen der neuen Politik der USA, sich bedingungslos hinter Saudi-Arabien zu stellen, sollte die Bundesrepublik ein politisches Signal senden und jeden Rüstungsexport dorthin verweigern, heißt es im Gutachten. Generell sollten sensible Waffengeschäfte dem Bundestag vorgelegt werden, verbunden mit einer Berichtspflicht der Bundesregierung.
Auch zu höheren Ausgaben im Verteidigungshaushalt äußerten sich die Forscher kritisch. Deutschland sollte davon Abstand nehmen, seinen Verteidigungshaushalt auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts zu steigern. "Mehr Militärausgaben bedeuten nicht mehr Sicherheit", betonten die Forscher. Stattdessen sollten die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit aufgestockt werden.
In diesem Zusammenhang setzen die Forscher auch auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Bei der Umsetzung müsse Deutschland vorangehen. "Das seit langem überfällige 0,7-Prozent-Ziel für Entwicklungshilfe darf weder auf die lange Bank geschoben werden, noch mit den Ausgaben für Flüchtlinge im Inland schön gerechnet werden", sagte Schoch. Der G-20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg sollte ein Zeichen gegen globale Ungleichheit und für faire Wirtschaftsbeziehungen setzen.
Erstellt wurde das Gutachten von Wissenschaftlern von fünf Friedens- und Konfliktforschungsinstituten. Dazu zählen neben dem Frankfurter Institut auch das Bonner Konversionszentrum, die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (Heidelberg), das Institut für Frieden und Entwicklung (Duisburg-Essen) und das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg.