Der Friedensforscher Jochen Hippler sieht bei Jugendlichen, die sich radikalen Islamisten anschließen, ähnliche Motivationen wie bei jungen Rechtsextremen. Meist handele es sich um "gescheiterte Leben", um Menschen mit sozialen Defiziten, die in der neuen Gruppe Halt und Anerkennung finden, sagte der Politikwissenschaftler der Universität Duisburg-Essen am Mittwoch in Dortmund. Die steigende Zahl von jungen Menschen, die sich von extremistischen Bewegungen angesprochen fühlen, sei eine Herausforderung an die Gesellschaft, für die diese in gewisser Weise auch selbst verantwortlich sei.
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Hippler bezeichnete islamischen Extremismus als politisches Problem. Er lasse sich nicht allein religiös betrachten, sagte Hippler bei einer Veranstaltung der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund. Eine Radikalisierung verschiedener Richtungen im Islam habe sich erst entwickelt, als die politische Lage im Nahen Osten und mittleren Asien immer schwieriger wurde. Hippler nannte als Beispiele Afghanistan, wo seit 1979 Krieg herrsche, und den Irak, wo in den Golfkriegen unter Herrscher Saddam Hussein Hunderttausende Muslime starben.
Das hatte nach Hipplers Worten zur Folge, dass auch eher fromme und unpolitisch denkende Muslime Waffengewalt zu befürworten begannen. Zuvor hätten viele orthodox und traditionell denkende Muslime den Islam als eine Religion verstanden, die sich aus dem politischen Geschehen heraushalte, sagte der Friedensforscher. Durch Krieg und Terror, die in mehrere Staaten getragen wurde, habe sich diese Abgrenzung nicht mehr aufrechterhalten lassen.
Dass die Terrororganisation "Islamischer Staat" sich im Irak und in Syrien in so kurzer Zeit so stark ausdehnen konnte, lässt sich für den Wissenschaftler am Institut für Entwicklung und Frieden der Uni Duisburg-Essen vor allem mit den schwachen staatlichen Strukturen in Syrien und dem Irak erklären. Zum Teil sei der Widerstand im Irak auch deshalb gering gewesen, weil Teile der Bevölkerung den damaligen Premier Nuri al-Maliki rigoros ablehnten. Die sunnitische Minderheit im Land fühlte sich von der schiitisch geprägten Regierung von Maliki benachteiligt.