Das Evangelium sei kein Regierungsprogramm, sagte die CDU-Chefin bei einem Empfang des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU anlässlich des Kirchentags am Mittwochabend in Berlin. Dennoch sei es besser, die Kirchen mischten sich ein, als dass sie sich zurückhielten. Dabei dürfe nur die christliche Botschaft nicht zu kurz kommen. Vor allem CSU-Politiker hatten in der jüngeren Vergangenheit den Kirchen vorgeworfen, sich zu sehr in politische Debatten einzumischen.
Merkel unterstrich, in Deutschland gebe es die Trennung von Kirche und Staat. Der Staat trete den Religionen aber wohlwollend gegenüber. Nach der deutschen Einheit und der Erfahrung in der DDR, in der Kirchen aus dem öffentlichen Raum verdrängt wurden, sei es ihr schwer gefallen, öffentlich Religion zu praktizieren, sagte Merkel. Heute gelte für sie: "Es ist ein richtiges Zeichen des öffentlichen Bekenntnisses." Für die Union stehe fest: "Religion gehört in den öffentlichen Raum", betonte Merkel vor den Empfanggästen, darunter der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au.
Mit Blick auf das 500. Reformationsjubiläum, in dessen Zeichen der Kirchentag in diesem Jahr steht, würdigte Merkel die Leidenschaft des Reformators Martin Luther und dessen Einstehen für seine Überzeugungen. Wenn man sich auf diesen lutherischen Blick einlasse, "dann haben wir eine echte Chance, dass diese Tage, die vor uns liegen, Tage der Orientierung werden", sagte Merkel mit Verweis auf den Kirchentag.
Das Protestantentreffen war zuvor mit drei Gottesdiensten unter freiem Himmel im Zentrum der Bundeshauptstadt eröffnet worden. 70.000 Besucher nahmen daran teil. Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg geht bis Sonntag.