Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ruft in einem neuen Positionspapier zu Solidarität mit Flüchtlingen auf. "Als Christen sind wir aufgerufen, uns an die Seite von Schutzsuchenden zu stellen", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, am Freitag in Bonn bei der Vorstellung des Papiers. Einer ebenfalls am Freitag vorgelegten Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD zufolge ist die Haltung der Deutschen gegenüber Flüchtlingen nach wie vor stabil.
Das Positionspapier mit dem Titel "? und ihr habt mich aufgenommen" trete für eine zuversichtliche Debatte über Flüchtlinge ein, sagte Rekowski, der Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der EKD ist. Der Titel verweise auf ein Zitat aus dem Matthäusevangelium: "Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen." Das formuliere den Aufruf an alle Christen, sich für Schutzsuchende, Schwache und Ausgegrenzte einzusetzen.
Studie: Einstellung zu Flüchtlingen in Deutschland stabil
"Die Überzeugung, dass Gottes Liebe jedem einzelnen Menschen gilt, steht entsprechend am Beginn des Textes", sagte Rekowski. Daraus, und aus der im Grundgesetz festgeschriebenen Unantastbarkeit der Menschenwürde ergebe sich das Gebot, Flüchtlinge mitmenschlich zu behandeln. "Deshalb treten wir für das individuelle Recht auf Asyl ein und für ein europäisches Einwanderungsrecht, das legale Wege nach Europa eröffnet."
Auch Abschiebungen in Konfliktgebiete seien humanitär unverantwortlich, sagte der rheinische Präses. Deutschland müsse Menschen in Not helfen und sich auf europäischer und internationaler Ebene für Lösungen für das globale Problem der Flucht einsetzen.
Nach der Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD ist das Engagement der Deutschen für Flüchtlinge ungebrochen. Besonders bemerkenswert sei, dass die Quote der aktuell Engagierten in den ostdeutschen Ländern im April 2017 auf 7,7 Prozent gestiegen sei, sagte Referentin Petra-Angela Ahrens. Damit liege sie erstmals über der im westlichen Bundesgebiet mit 7,4 Prozent. Das sei vor allem deshalb anerkennenswert, weil in den östlichen Bundesländern in der Flüchtlingsfrage eher Skepsis vorherrsche. Im westlichen Bundesgebiet überwiege hingegen eher die Zuversicht, dass Deutschland die Herausforderung der Flüchtlingsaufnahme bewältigen wird.
Genauer untersucht wurde in der Erhebung die Haltung der Menschen zu Abschiebung und Zuzug. Es werde deutlich, dass die Einbeziehung der konkreten Situation abgelehnter Asylbewerber die Meinung der Befragten beeinflusse, hieß es.
Die pauschale Frage, ob abgelehnte Asylsuchende in jedem Fall abgeschoben werden sollten, bejahten knapp 39 Prozent der Befragten. Auf die Frage, ob dies auch gelte, wenn ihre engsten Familienangehörigen in Deutschland bleiben dürfen, änderte ein Großteil dieser Befragten seine Meinung: Nun sprachen sich 52,8 Prozent von ihnen doch dafür aus, diese zu dulden. Und 74,5 Prozent von ihnen waren für eine Duldung, wenn sich die abgelehnten Asylsuchenden bereits eine Existenz in Deutschland aufgebaut haben oder schon mehrere Jahre hier leben und gut integriert sind.
"Blickt man also auf die konkreten Kontexte und Konsequenzen von Abschiebungen, zeigt sich eine breite humanitäre Grundhaltung in der Bevölkerung", sagte Ahrens. Diese werde auch an einem weiteren Ergebnis deutlich: Rund 88 Prozent der Befragten bewerteten es positiv, dass Deutschland mit der Aufnahme von Flüchtlingen Menschen in existenzieller Not zur Seite stehe.