Mit einem Appell gegen globale militärische Aufrüstung hat am Mittwoch die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Namibia begonnen. LWB-Präsident Munib A. Younan sagte zum Auftakt der Konferenz in Windhuk, dass die Welt am Rande eines dritten Weltkrieges stehe. Dabei drohe auch ein Einsatz von zerstörerischen Nuklearwaffen, warnte der palästinensische Bischof. Der Weg der Kirchen müsse der Dialog mit den Regierungen sein, "um diesen Unsinn zu stoppen, der uns in einen Weltkrieg führt".
Der Syrien-Konflikt etwa könnte der Funke sein, der einen solchen Krieg entzündet, wenn die beteiligten Länder an ihren politischen, ökonomischen und militärischen Interessen festhielten, sagte Younan in seinem Bericht vor den rund 400 Delegierten in Windhuk. Auch die Situation auf der koreanischen Halbinsel gebe Anlass zur Sorge und sei eine Gefahr für die globale Stabilität. "Ich bin sehr besorgt", sagte Younan.
Bischof Younan begrüßt deutsch-namibischen Dialog
Mit Blick auf die deutschen Kolonialverbrechen im Gastgeberland Namibia kündigte Younan eine Erklärung des Lutherischen Weltbundes während der Vollversammlung an. Der LWB sei bereit, den Versöhnungsprozess zwischen Deutschland und Namibia zu begleiten. "Für die Kirchengemeinschaft, die sich leidenschaftlich für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung engagiert, gehört dieser namibisch-deutsche Prozess zum Kern ihrer Berufung", sagte der Bischof,
Zugleich würdigte er das Ende April veröffentlichte Schuldbekenntnis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er sei überaus dankbar für die Klarheit und Tiefe des Bekenntnisses der EKD zu dieser Schuld, betonte Younan. Die Verbrechen der deutschen Kolonialherren hätten vor allem die Völker der Herero, Nama, Damara und San/Khoisan betroffen. Die EKD-Erklärung bekenne offen, dass die "im Oktober 1904 gegen die Herero und im April 1905 gegen die Nama ergangenen 'Vernichtungsbefehle' als 'Völkermord' zu bewerten" seien.
Younan appellierte aber auch an die beiden Länder zu klären, "wie die Geschichte dargestellt werden soll, wie Gerechtigkeit hergestellt werden kann und wie die Versöhnung zu fördern ist". Die EKD hatte mit ihrer Erklärung "Vergib uns unsere Schuld" die Nachkommen der Opfer der Kolonialverbrechen im damaligen Deutsch-Südwestafrika vor mehr als 100 Jahren um Vergebung gebeten. "Dies ist eine große Schuld und durch nichts zu rechtfertigen", heißt in der Erklärung. In dem Papier schreibt die EKD auch von Völkermord und Genozid. Diese Begriffe sind in Namibia allerdings nicht unumstritten.
Zugleich mahnte Younan mehr weltweite Ökumene an. Keine Kirche könne allein Extremismus bekämpfen, der alle Religionen betreffe - egal ob christlichen, muslimischen oder jüdischen. Nirgendwo sei der Bedarf an ökumenischer Arbeit größer als im Nahen Osten. In den vergangenen Jahren hätten Christen in der arabischen Welt und im Nahen Osten aufs Neue erfahren, "dass Isolation ins Verderben führt".
Auch für die Stellung der Kirchen in der Welt sei eine enge Zusammenarbeit wichtig, mahnte Younan. Es müssten Beziehungen zu katholischen, orthodoxen, evangelikalen, anglikanischen sowie reformierten Kirchen und noch mehr aufgebaut werden. Denn alle hätten Anteil an ein und derselben Mission in der Welt. "Es ist meine aufrichtige Hoffnung, dass der ökumenische Winter, den wir erlebt haben, tatsächlich einem ökumenischen Frühling weicht", sagte der LWB-Präsident.
Die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes dauert bis 16. Mai. Unter anderem stehen die Themen Klimawandel, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit auf der Tagesordnung. Höhepunkt ist am Sonntag eine zentrale Gedenkveranstaltung im Sam-Nujoma-Stadion im Windhuk zum 500. Reformationsjubiläum. Der LWB repräsentiert nach eigenen Angaben rund 74 Millionen Christen weltweit.