Wie läuft das Geschäft mit Dokumenten aus der Luther-Zeit?
Götz Kocher-Benzing: Die Reformation ist seit zwei bis drei Jahren sehr gefragt, und die Preise sind entsprechend hoch. Und das nicht nur in Deutschland. In den USA gab es zum Beispiel schon immer ein großes Interesse, auch die Schweiz spielt eine Rolle. Im restlichen Europa dagegen ist das Interesse nicht so groß.
Wie ist das Angebot, und welche Stücke sind bei Sammlern besonders gesucht?
Kocher-Benzing: Die Luther-Schriften waren damals so aktuell wie Zeitungen heute. Die meisten haben nur in Sammelbänden überlebt. Zu den gesuchtesten Stücken gehören Luthers Hauptschriften, wie zum Beispiel "Von der Freiheit eines Christenmenschen" und seine Bibelübersetzung, sowohl komplett als auch in Teilen. Einzelne Schriften zu bestimmten Themen, etwa zur Ehe, werden zudem gern als Geschenke gekauft. Für Privatsammler ist das Themengebiet unter anderem deshalb attraktiv, weil man nicht so viel Platz braucht und weil man auch schon für unter 1.000 Euro schöne Reformationsdrucke bekommen kann.
Was ist denn das teuerste Stück in Ihrem gerade veröffentlichten Katalog zum Reformationsjubiläum?
Kocher-Benzing: Die Nummer 47, der Urdruck der berühmten Bauernartikel von 1525. Sie sind zwar unscheinbar, aber selten, weil ihre Verbreitung damals von der Obrigkeit unterdrückt wurde. Außerdem sind sie sehr wichtig. Schon kurz nach dem Erscheinen beriefen sich fast alle Gruppen von Aufständischen im Bauernkrieg auf diese zwölf Artikel. 75.000 Euro kostet der Urdruck.
"Der Aufwand wäre bei den meisten Reformationsdrucken einfach zu groß, als dass es sich lohnen würde."
Das ist eine Menge Geld. Wie stellen Sie sicher, dass man Ihnen keine Fälschungen untermogelt?
Kocher-Benzing: Wenn man 30 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet gesammelt hat, erkennt man schon, ob ein Stück echt ist. Außerdem kursieren so gut wie keine Fälschungen. Der Aufwand wäre bei den meisten Reformationsdrucken einfach zu groß, als dass es sich lohnen würde. Es gab allerdings einen bekannten Fälscher im 19. Jahrhundert, dessen Arbeiten heute als Kuriositäten gesammelt werden. Er fälschte nicht die Drucke, sondern fügte gefälschte handschriftliche Eintragungen hinzu, die von Luther stammen sollten.
Sammeln Sie selbst?
Kocher-Benzing: Nein, das wäre ein Interessenkonflikt. Stücke nicht weggeben zu wollen, habe ich von vornherein ausgeklammert. Ich sammle allerdings Informationen über die Schriften und Bücher. Da hat sich durchs Internet viel verändert im Vergleich zu den Startjahren des Geschäfts, das mein Vater 1959 gegründet hat.
Ist die Reformation ein häufig vertretenes Spezialgebiet unter Antiquaren?
Kocher-Benzing: Es sind insgesamt relativ wenige. In Amerika gibt es einzelne Kollegen, mit denen ich auch gelegentlich Kontakt habe. Aber hier werden es immer weniger, die sich mit der Reformation beschäftigen. Solche Kollegen in Deutschland zu finden, ist mittlerweile schwierig geworden.