Gemeinsam sollten sie "all das erkennen und annehmen, was in der Reformation positiv und berechtigt war", sagte er am Freitag nach Angaben des Heiligens Stuhls bei einer Audienz für Teilnehmer einer Tagung über Martin Luther (1483-1546) im Vatikan.
Beide Seiten müssten durch das Eingeständnis der eigenen Sünden von Fehlern, Übertreibungen und dem Versagen Abstand nehmen, die zur Kirchenspaltung geführt hätten, betonte der Papst bei der vom Päpstlichen Komitee für Geschichtswissenschaften organisierten Tagung, an der auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, teilnimmt. Franziskus sagte, er empfinde eine "auch mit einem gewissen Erstaunen" gemischte Dankbarkeit darüber, dass die Konferenz "Luther 500 Jahre danach" im Vatikan stattfinde. Denn vor nicht allzu langer Zeit wäre eine derartige Tagung "vollkommen undenkbar" gewesen.
"In der Ökumene ist es möglich, alle Mauern zu überwinden"
Die Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Protestanten auf Initiative einer Institution des Heiligen Stuhls zeige, dass es in der Ökumene möglich sei, alle Mauern zu überwinden und Konflikte zu Gelegenheiten des Wachstums in der Gemeinschaft zu verwandeln. Ernsthafte Auseinandersetzungen mit der Gestalt Luthers und seiner Kritik an der Kirche und dem Papsttum seiner Zeit trügen gewiss dazu bei, gegenseitiges Misstrauen und Rivalität zu überwinden, die die Beziehungen zwischen Katholiken und Protestanten geprägt hätten.
Christen seien heute aufgerufen, sich von Vorurteilen gegenüber dem Glauben zu befreien, den andere in unterschiedlicher Akzentuierung und Sprache bekennen. Gegenseitig müssten sie sich die von ihren Vorfahren begangene Schuld vergeben.
Die evangelische Kirche feiert bis Oktober dieses Jahres 500 Jahre Reformation. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.