Mit Fernsehgottesdiensten haben die beiden großen Kirchen am Sonntag ihre diesjährigen Fastenaktionen eröffnet. Die Münchner evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler rief in einem vom ZDF übertragenen Gottesdienst in Frankfurt am Main zum Innehalten in hektischer Zeit auf. Augenblicke des Nachdenkens, des Schweigens und des Hörens seien für ein gelingendes Leben unverzichtbar: "Ab und zu langsam zu tun, das macht das Erleben inniger, intensiver, haltbarer." Im Gottesdienst des katholischen Hilfswerks Misereor in Trier, der im Ersten übertragen wurde, warb Bischof Stephan Ackermann mit Blick auf die Konsumgesellschaft dafür, die eigene Lebensweise zu überdenken.
An Aschermittwoch hatte die rund siebenwöchige Fasten- oder Passionszeit vor Ostern (16. April) begonnen. In dieser Zeit nehmen sich viele Christen mehr Zeit für Ruhe, Besinnung und Gebet, um sich selbst und Gott näherzukommen. In der evangelischen Kirche beteiligen sich inzwischen rund drei Millionen Menschen an der Fasteninitiative "7 Wochen Ohne", um aus gewohnten Konsum- und Verhaltensweisen auszusteigen und neue Lebensziele zu finden. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto "Augenblick Mal! Sieben Wochen ohne Sofort".
"Die Welt ist voller Ideen. Lass sie wachsen"
Mit dem Motto soll auf die Ungeduld als Symbol der Moderne aufmerksam gemacht werden, bei dem viele beispielsweise ihre Nachrichten auf dem Mobiltelefon unentwegt verfolgen. Die Aktion der evangelischen Kirche ruft deshalb zur stärkerer Entschleunigung und mehr Ruhe inmitten eines oft hektischen Alltags auf. Wer innehält, der merke: "Der Heilige Geist lässt sich nicht hetzen", sagte Breit-Keßler beim Eröffnungsgottesdienst in der Frankfurter Gethsemanegemeinde.
Die diesjährige Misereor-Fastenaktion steht unter dem Motto "Die Welt ist voller Ideen. Lass sie wachsen". Der Fokus liegt auf dem westafrikanischen Land Burkina Faso am Rande der Sahelzone. Bischof Ackermann warb in seiner Predigt im Trierer Dom für eine neue Sichtweise auf den afrikanischen Kontinent. Anstatt das Land und den afrikanischen Kontinent "nur oder vor allem unter der Perspektive der Schwierigkeiten und Probleme, die es dort gibt" anzuschauen, sollten auch positive Entwicklungen und damit die "Brille der Hoffnung" in den Vordergrund rücken.
Ackermann warb zudem für ein Überdenken der eigenen Lebensweise. "Wir wissen sehr genau, dass unsere Weise zu konsumieren und Ressourcen dieser Erde zu verbrauchen, zulasten der Armen geht, und doch tun wir uns sehr schwer, unsere Lebensweise umzustellen", sagte er. Es fehle nicht an Erkenntnis, sondern an der Kraft und dem Willen zum Guten.
"Erkenntnis allein entmutigt, kann zynisch machen, kann Hass und Abwehr verstärken", erklärte Ackermann. Deswegen sei es wichtig, in der Fastenzeit die Kraft zum Guten wachsen zu lassen, um auch die Welt zu verändern. Höhepunkt der diesjährigen Misereor-Fastenaktion ist den Angaben zufolge der 2. April, an dem in den bundesweit mehr als 10.000 katholischen Pfarrgemeinden Spenden gesammelt werden.