An dem Fonds mit einem Startkapital von rund 50.000 Euro beteiligten sich Richterverbände aus allen Teilen Europas, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag): "Wir beobachten mit großer Sorge, wie Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Rückbau des Rechtsstaats in der Türkei vorantreibt." Mit dem Hilfsfonds wollten die Richterverbände ein Zeichen der Solidarität mit den betroffenen Kollegen setzen.
Größere Spenden seien bisher aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Portugal, Irland und England geflossen. Der Deutsche Richterbund habe zunächst 10.000 Euro bereitgestellt. Mehr als 200 Hilfsanfragen aus der Türkei hätten die Europäische Richtervereinigung inzwischen erreicht, sagte Rebehn. Die Tendenz sei stark steigend. Der Fonds prüfe in jedem Einzelfall anhand seiner Statuten, ob der Antragsteller gefördert werden könne.
"Es handelt sich vielfach um verzweifelte Hilferufe von Familien mit Kindern, die in existenzielle Not geraten sind, weil der Familienvater inhaftiert ist und der Staat das Vermögen der Familie konfisziert hat", sagt Rebehn. Oft wüssten die Beschuldigten, ihre Familien und Anwälte über Monate nicht, welcher strafrechtlicher Vorwurf erhoben werde: "Das hat mit fairen, rechtsstaatlichen Verfahren nichts zu tun." In der Regel zahle der Fonds einen Zuschuss zum Lebensunterhalt, mit dem die Familien etwa drei bis vier Monate über die Runden kämen.
Die türkische Regierung hat seit dem gescheiterten Staatsstreich im vergangenen Juli Tausende Richter und Staatsanwälte entlassen oder inhaftiert. Ihnen wird vorgeworfen, Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen zu sein. Rebehn sieht auch die EU-Kommission gefordert: "Der EU-Beitrittskandidat Türkei ist dabei, den Rechtsstaat und eine unabhängige Justiz abzuwickeln. Die Reaktionen darauf aus Brüssel sind zu zaghaft, die EU-Kommission muss den politischen Druck auf Ankara erhöhen."