"Ich habe großen Respekt vor Menschen, die Politik machen, häufig sehr viel leisten und dabei eine Menge Häme ertragen müssen", sagte Manfred Rekowski in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Ich wünschte mir mehr Respekt vor der Mühe, mit der diese Politiker um Lösungen ringen."
Vom Reformator Martin Luther (1483-1546) könne auch im Jahr des 500. Reformationsjubiläums noch gelernt werden, dass christlicher Glaube immer auch zur Weltverantwortung führe, sagte Rekowski: "Es geht darum, Gott im Alltag der Welt zu dienen." Dabei könnten Christen in ethischen und politischen Fragen unterschiedlicher Auffassung sein. "Dem entspricht eine plurale Gesellschaft mit Parteien verschiedener Ausrichtung, in denen sich auch Christen engagieren", sagte der leitende Theologe der zweitgrößten deutschen Landeskirche.
Der Kirche rät Rekowski, sich immer wieder auf den Kern des Glaubens zu besinnen und darüber nachzudenken, was es aktuell bedeutet, reformatorisch Kirche zu sein. "Das Motto kann also nicht heißen 'Wir sind gut aufgestellt, weiter so'", betonte der 58-Jährige. "Die aktuellen Umbrüche fordern uns heraus und wir merken, dass Glaubensvermittlung kein Selbstläufer ist. Hier sind neue Antworten gefragt."
Rekowski verteidigte die ökumenische Ausrichtung der Feiern zu 500 Jahren Reformation in diesem Jahr. "Reformatorischer kann man das Reformationsjubiläum gar nicht feiern als indem man es als Christusfest begeht", sagte er. "Solus Christus - das ist der Kern unseres gemeinsamen Glaubens."
Protestanten und Katholiken sollten angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen "unterstreichen, was uns miteinander verbindet, um dann gemeinsam auf das zu schauen, was wir in Zeugnis und Dienst der Welt schuldig sind", betonte der rheinische Präses. "Da sind wir als Kirchen gemeinsam stark gefordert." Luther hatte am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen die Missstände in der Kirche seiner Zeit veröffentlicht und damit die weltweiten Umbrüche ausgelöst, die auch zur Spaltung der Kirche führten.