Nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Berlin werden die Sicherheitsvorkehrungen für die traditionell gut besuchten Gottesdienste an den Festtagen punktuell verstärkt. Die Gotteshäuser sollen allerdings nicht zu Festungen ausgebaut werden, hieß es aus evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, kann sich nicht vorstellen, dass Weihnachtsgottesdienste mit dem Maschinengewehr geschützt werden.
Brahms: "Das passt nicht zur Weihnachtsgeschichte, die wir mit den Worten predigen: Fürchtet euch nicht." Er vertraue der Polizei, dass sie die Situation im Auge behalte und sich gegebenenfalls melde, wenn weitergehende Maßnahmen ergriffen werden müssten, sagte der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche dem Evangelischen Pressedienst (epd). Am Montagabend waren zwölf Menschen getötet und mehr als 40 verletzt worden, als ein Lastwagen vorsätzlich auf den Weihnachtsmarkt vor der Gedächtniskirche in Berlin gesteuert worden war.
Der Berliner Dom hat seine Sicherheitsvorkehrungen nochmals deutlich erhöht. Zu Heiligabend werde die Straße vor Berlins größtem Gotteshaus für den Autoverkehr vollständig gesperrt, sagte der Geschäftsführer der Domverwaltung, Lars-Gunnar Ziel, dem epd. Die Straße am Lustgarten sei ab dem Mittag nur für Fußgänger zugänglich. Der Berliner Dom gehört zu den Wahrzeichen der Hauptstadt und wird täglich von unzähligen Touristen besucht. Zu Heiligabend werden dort insgesamt rund 11.000 Besucher erwartet.
"Der Kölner Dom steht jedem offen"
Auf dem Dresdner Neumarkt wird für Freitag unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen zur Weihnachtlichen Vesper eingeladen. Zum Gottesdienst einen Tag vor dem Heiligen Abend werden wie in jedem Jahr wieder Tausende Besucher auf dem Platz vor der Frauenkirche erwartet. Die Vesper ist die größte regelmäßig unter freiem Himmel stattfindende Gottesdienstveranstaltung in Deutschland.
Auch in Nordrhein-Westfalen herrscht bei katholischen Bistümern und evangelischen Kirchen nach dem Anschlag in Berlin erhöhte Wachsamkeit. Vielerorts stehen die Kirchen in regelmäßigem Kontakt mit den Behörden, wie eine epd-Umfrage ergab. Die Kirchengebäude wollen jedoch weiterhin mit offenen Türen einladend sein, besonders zu den Feiertagsgottesdiensten an Weihnachten. Es gebe eine abstrakte Gefährdungslage, aber keine Hinweise auf ein konkretes Gefährdungspotenzial, erklärte etwa das Kölner Domkapitel. Ähnlich äußerte sich die Evangelische Kirche im Rheinland.
Für das Weltkulturerbe Kölner Dom bestehe ohnehin ein Sicherheitskonzept, das stets "aktuellen Herausforderungen" angepasst werde, erklärte das Metropolitankapitel. Mitarbeiter der gotischen Kathedrale würden regelmäßig geschult. Es gebe eine hohe Präsenz von Polizei und Ordnungsamt in der Domumgebung. Einlasskontrollen sind jedoch nicht geplant. "Der Kölner Dom steht als Gotteshaus grundsätzlich jedem offen, wir wollen ihn nicht zur Festung ausbauen", hieß es.
In Rheinland-Pfalz will die Polizei verstärkt auch die Sicherheit von Gottesdiensten in den Blick nehmen. Nach einer Lagebewertung habe man beschlossen, dass "die Kirchen in unseren Fokus rücken", sagte der Mainzer Polizeidirektor Achim Zahn. Die Polizei werde verstärkt im Umfeld von Kirchen auf Streife gehen.
Keine Schleusen am Hamburger Michel
Ein Sprecher des Polizeipräsidiums München hingehen sagte, es gebe derzeit keinen Anlass, Kirchen und Gottesdienste verstärkt zu sichern. Auch in Hamburg wird es laut Polizeipräsident Ralf Martin Meyer keine besonderen Maßnahmen geben. Es sei nicht möglich, Heiligabend Tausende von Gottesdienstbesuchern zu schützen, sagte er. Man könne vor dem Michel, der Kirche St. Michaelis, keine Sicherheitsschleusen aufstellen oder gar sämtliche Rucksäcke kontrollieren.
Die hannoversche Landeskirche forderte in einem Brief ihre knapp 1.400 Kirchengemeinden auf, die Sicherheitsmaßnahmen, die den Gemeinden ohnehin empfohlen würden, besonders zu beachten. Dazu gehöre das Freihalten von Fluchtwegen. Auch andere evangelische Landeskirchen wie die in Baden und Württemberg, in der Pfalz, in Westfalen sowie die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck planen keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen, wie die Umfrage des epd ergab.