Besonders kritisch sei die Lage in der Türkei und in Griechenland, hieß es in dem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung (EBCO). "Insgesamt war die Menschenrechtssituation von Kriegsdienstverweigerern in Europa 2016 durch Stagnation statt Fortschritt gekennzeichnet," sagte der EBCO-Vorsitzende Friedhelm Schneider, der die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) in der Menschenrechtsorganisation vertritt.
Die türkische Regierung missachte seit mehr als zehn Jahren ein Weg weisendes Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes, das im Januar 2006 das Land dazu verurteilt hatte, das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen gesetzlich zu regeln, hieß es in dem Bericht "Kriegsdienstverweigerung in Europa 2016".
Mit Blick auf Griechenland hätten in den vergangenen Monaten drei internationale Menschenrechtsinstitutionen auf schwerwiegende Verletzungen des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung hingewiesen. Die Regierung in Athen bleibe trotz Abmahnungen durch den UN-Menschenrechtsrat, den UN-Menschenrechtsausschuss und den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof untätig.
Schneider bezeichnete es als Skandal, dass Mitgliedsstaaten des Europarats das Recht auf Kriegsdienstverweigerung völkerrechtswidrig und dauerhaft verletzten, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Die Glaubwürdigkeit der internationalen Menschenrechtsinstitutionen werde massiv beschädigt, wenn die Umsetzung ihrer Entschließungen und Urteile nicht erreicht werden könne, sagte der EBCO-Vorsitzende und Speyerer Ruhestandspfarrer.
In der EAK mit Sitz in Bonn sind Menschen, Initiativen und Verbände aus den evangelischen Landeskirchen und Freikirchen zusammengeschlossen, die sich für Kriegsdienstverweigerung und Friedensarbeit einsetzen. Zum EBCO gehören Initiativen der Friedensbewegung aus ganz Europa, darunter aus Deutschland neben der EAK auch die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner.