Eine damit verbundene massive Aufstockung staatlicher Entwicklungshilfe werde die Lebensverhältnisse in Afrika nicht wesentlich verbessern, hieß es in einem am Mittwoch vom "Bonner Aufruf" in Köln veröffentlichten Papier. Vielmehr sei zu erwarten, dass Entwicklungshilfegelder in falsche Kanäle flössen und die Auswanderung anhalte. Ein Marshall-Plan war im Frühjahr von der Bundesregierung in die Diskussion gebracht worden.
Der Begriff lehnt sich an das Förderprogramm zum Wiederaufbau Westeuropas nach dem zweiten Weltkrieg an, in dessen Rahmen Milliarden investiert wurden. Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) hatte sich zuletzt am Dienstag in Brüssel für einen solchen Plan ausgesprochen, der gemeinsam mit Afrika entwickelt werden müsse. Damit soll nach Willen der Bundesregierung auch Migration aus Afrika eingeschränkt werden. In diesem Zusammenhang lobte Müller die sogenannten Migrationspartnerschaften, die von Niger und Mali auf die gesamte Tschadsee-Region ausgeweitet werden sollten.
Das evangelische Werk "Brot für die Welt" forderte mehr Sachlichkeit in der Debatte. Eine grundsätzliche Ablehnung eines Marshall-Planes trage nicht dazu bei, sagte der entwicklungspolitische Beauftragte der Organisation, Thilo Hoppe, telefonisch dem epd in Genf. "Alleine mehr Geld reicht zwar nicht, aber wir brauchen dennoch mehr Geld für eine menschenrechtsbasierte, nachhaltige Entwicklung", betonte Hoppe. Der Bonner Aufruf vermische berechtigte Kritik mit pauschalen und falschen Schlussfolgerungen.
Der "Bonner Aufruf", der vor acht Jahren von einem Initiativkreis um den Journalisten Kurt Gerhardt, Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck und den Botschafter a. D. Volker Seitz entstand, spricht sich gegen Entwicklungshilfe durch Umverteilung aus. Die derzeitige Entwicklungspolitik diene vorwiegend ihrem Selbsterhalt und verhindere eine selbsttragende afrikanische Entwicklung, heißt es in ihrem neuen Papier. Stattdessen brauche Afrika einheimische und ausländische Unternehmer, die eine Industrialisierung des Kontinents ermöglichten. Dabei solle über lokale Organisationen bedarfsbezogene und praktische berufliche Bildung gefördert werden.