Die evangelische Kirche müsse im Jahr des 500. Reformationsjubiläums neu definieren, wie die Botschaft vom gnädigen Gott zur Lebensrealität in einer oft gnadenlosen Gesellschaft passe. Breit-Keßler kritisierte den steigenden Leistungs- und Perfektionsdruck, der zu Selektion im Mutterleib, zu Selbstausbeutung am Arbeitsplatz und zu Sterbehilfediskussionen bei Demenzkranken führe. "Was bedeutet Gnade für uns heute?" stellte sie als Leitfrage für 2017 in den Raum.
Als Herausforderungen der Zukunft bezeichnete die Regionalbischöfin die Integration von Geflüchteten und die Stabilisierung der Gesellschaft: "Unser Herzenstakt kommt gerade aus dem Rhythmus." Wo "Hassparolen und simples Schwarz-Weiß-Denken" wieder salonfähig würden, müsse Kirche die Motive dieser Menschen ergründen.
Zugleich forderte sie Christen zu einer "geistlichen Bescheidenheit" auf. Gottes Liebe sei "das größte Wunder, das wir uns ausmalen können," sagte Breit-Keßler. Nur aus einer Haltung der Dankbarkeit fänden Christen zu einer Glaubwürdigkeit, die andere Menschen bewegen könne.
Breit-Keßler dankte den Mitarbeitenden von Kirche und Diakonie, besonders den Notfallseelsorgern, die beim Zugunglück von Bad Aibling und nach dem Amoklauf in München Dienst taten. Sie lobte die vielen Ehrenamtlichen der Flüchtlingshilfe, die guten Beziehungen zu den anderen Religionsgemeinschaften und die lebendige Ökumene. "Die Regionalbischöfin des Kirchenkreises München hat inzwischen sogar ein eigenes Platzschild für die Gottesdienstvorbereitung in der Sakristei im Münchner Liebfrauendom," verriet Breit-Keßler. Manchmal zeigen sich große Errungenschaften im Detail.