Trump-Kritiker im In- und Ausland zeigen sich geschockt. So formulierte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch in der ARD-"Tagesschau" auf die Frage, mit welchem Gefühl sie nach der US-Wahlnacht aufgewacht sei: "Das war schon ein schwerer Schock, als ich gesehen habe, wohin die Entwicklung geht". Sie ergänzte aber: "Auch wenn dieser Wahlkampf getränkt war von Herabwürdigung, von Spaltung: Es ist eine demokratische, freie Wahl. Und wir müssen uns jetzt mit den Realitäten auseinandersetzen." Trump werde wissen, dass es "nicht eine Wahl war für ihn, sondern dass es viel stärker eine Wahl war gegen Washington, gegen das Establishment", sagte von der Leyen, die auch stellvertretende CDU-Vorsitzende ist. Die Politik müsse nun auch die Tatsache umtreiben, dass es in den USA ein "Aufbegehren der Menschen, die sich abgehängt fühlen, und die verlangen, dass ein Wandel, eine Veränderung kommt", gegeben habe. Die Ministerin erwartet bei einem Sieg Trumps, dass die Bundesregierung auf Arbeitsebene versuchen werde, Kontakte zu dessen Team aufzunehmen. Trump habe seinen Wahlkampf abgeschottet selbst von der eigenen Partei geführt. "Das heißt, wir kommen in eine Phase nicht nur des Vakuums, des Wechsels der Administration, sondern auch vieler, vieler Fragezeichen", sagte von der Leyen. Nun müsse geklärt werden, was Trump von seinen Ankündigungen umsetzen wolle.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) fand am Mittwochmorgen noch schärfere Worte. Er sagte: "Herrn Trump ist es gelungen, Bannerträger der Furcht und der Ängste von Millionen Amerikanern zu werden. Diesen Sorgen muss jetzt mit glaubwürdiger Politik und Vorschlägen Rechnung getragen werden."
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) twitterte: "Die Welt wird nicht untergehen, sie wird nur noch verrückter" und die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ließ über den Kurznachrichtendienst verlauten: "Noch nie war es so wichtig einen kühlen Kopf zu bewahren wie an diesem Morgen."
"Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger"
Bundespräsident Joachim Gauck hingegen gartulierte Donald Trump zum Sieg bei der US-Präsidentenwahl. "Gemeinsame Werte begründen die langjährige, solide Freundschaft unserer Völker", sagte Gauck in Berlin. Die vertrauensvolle und intensive Zusammenarbeit werde auch in Zukunft von zentraler Bedeutung für die Bewältigung der globalen Herausforderungen sein. Gauck betonte zudem die gemeinsame Verantwortung beider Staaten als Vertreter transatlantischer Werte. Dies sei in einer Zeit, in der demokratische Gesellschaften vielfach in Frage gestellt würden und Krisen in vielen Regionen der Welt den Frieden bedrohten, wichtiger denn je. Deutschland werde weiterhin ein verlässlicher Freund und Allianzpartner beim Einsatz für Freiheit, Frieden, Wohlstand und die Umwelt sein, sagte Gauck.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump zum Wahlsieg und bot ihm eine enge Zusammenarbeit an. Zugleich erinnerte sie Trump am Mittwoch in Berlin an dessen künftige Verantwortung für die weltweite Entwicklung. "Wer dieses große Land regiert, mit seiner gewaltigen wirtschaftlichen Stärke, seinem militärischen Potenzial, seiner kulturellen Prägekraft, der trägt Verantwortung, die beinahe überall auf der Welt zu spüren ist", sagte Merkel im Kanzleramt. Sie betonte, dass Deutschland und Amerika durch Werte verbunden seien, nämlich Demokratie, Freiheit, den Respekt vor dem Recht sowie der Würde des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drückte die Hoffnung aus, dass es "nicht zu größeren Verwerfungen in der internationalen Politik" komme. "Wir wissen nicht, wie Donald Trump Amerika regieren wird", sagte Steinmeier am Mittwoch in Berlin. Viele brennende Fragen seien offen. Deshalb werde die Bundesregierung das Gespräch mit dem künftigen Präsidenten suchen. Das Wahlergebnis in den USA sei anders, als es sich die meisten in Deutschland gewünscht hätten, sagte Steinmeier. "Aber wir haben das Ergebnis zu akzeptieren und akzeptieren es." Die amerikanische Außenpolitik werde in Zukunft weniger vorhersehbar sein. Amerika werde dazu neigen, häufiger allein zu entscheiden. "Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger", betonte Steinmeier. Aber das Funktionieren der transatlantischen Beziehungen sei so etwas wie das Fundament des Westens und dürfe nicht preisgegeben werden.
"Eine neue politische Tatsache"
In diese Richtung gingen auch viele Reaktionen von Mandatsträgern im Ausland: So mahnte der schwedische Regierungschef Stefan Löfven Besonnenheit an: "Das hier ist ein Wahlergebnis, das viele unruhig macht, aber auf das wir uns vorbereitet haben", sagte Löfven am Mittwoch laut einer Mitteilung. "Schweden hat eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit amerikanischen Regierungen, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, und die schwedische Regierung wird in Kürze Kontakt zu der neuen US-Regierung aufnehmen, um die schwedischen und europäischen Interessen zu wahren und globale Sicherheit und Stabilität zu fördern."
Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy twitterte: "Wir werden weiter arbeiten, um unsere Beziehungen zu den USA, einem unverzichtbaren Partner, zu stärken."
Dänemarks Regierungschef Lars Løkke Rasmussen hofft auf eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten Donald Trump. "Wenn sich der Trubel gelegt hat, hoffe ich, dass die künftige Regierung die offene und konstruktive Form der Zusammenarbeit, die die USA seit vielen Jahren kennzeichnet, weiterführen wird", sagte Løkke Rasmussen laut einer Mitteilung. "Europa braucht starke USA, die an der Spitze der freien Welt stehen und auf Demokratie und Dialog gründen." Er wolle Trump seine Glückwünsche zum Wahlsieg aussprechen, erklärte der liberale Ministerpräsident.
Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi gratulierte Trump ebenfalls zum Wahlsieg und setzt auf stabile Beziehungen mit den USA. "Es ist eine neue politische Tatsache, die zusammen mit anderen zeigt, dass wir in einer neuen Ära sind", sagte Renzi am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Rom. Er zeigte sich überzeugt, dass das freundschaftliche Verhältnis zwischen Italien und den USA "stark und solide" bleibe. Im Wahlkampf hatte der Sozialdemokrat Renzi die Demokratin Hillary Clinton unterstützt.
"Wahlergebnisse lügen nicht"
Österreichs Bundeskanzler Christian Kern sieht eine große Frustration in der Gesellschaft als Grund für die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten. "Wahlergebnisse lügen nicht. Viele Menschen in den Vereinigten Staaten haben das politische System nachhaltig abgelehnt", sagte der Sozialdemokrat Kern am Mittwoch im Wiener Parlament. Auch Europa müsse von diesem Votum lernen und entsprechende Rückschlüsse ziehen.In welche Richtung sich die amerikanische Politik nun wenden werde, kann laut Kern zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden. "Ich gehe davon aus, dass vieles, das Trump in Wahlkampf erklärt hat, so nicht oder nur in reduzierter Form kommen wird", so der Kanzler.
Der französische Staatspräsident François Hollande reagierte ausgesprochen kritisch auf den Sieg von Donald Trump. "Diese amerikanische Wahl eröffnet eine Periode der Unsicherheit", sagte der Sozialist am Mittwoch in Paris. Er werde die Gespräche mit der neuen US-Regierung vom 20. Januar kommenden Jahres an mit "Wachsamkeit und Offenheit" aufnehmen, sagte Hollande, der sich vor den Wahlen für die demokratische Bewerberin Hillary Clinton ausgesprochen hatte. Die neue politische Lage erfordere eine starkes Frankreich und ein geeintes Europa, so der Staatschef.
EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker wollen nun möglichst bald ein Gipfeltreffen mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump organisieren. In einem Glückwunschschreiben an den Republikaner luden sie diesen ein, dazu nach Europa zu kommen. "In diesen Tagen ist es wichtiger denn je, die transatlantischen Beziehungen zu stärken", schreiben sie mit Blick auf den Klimawandel, den Kampf gegen den Terror und die Flüchtlings- und Ukraine-Krise. Ein EU-USA-Gipfel würde es erlauben, die Weichen für das Verhältnis in den nächsten vier Jahre zu stellen.
"Neue Epoche der Weltgeschichte"
Positive, teilweise euphorische Reaktionen kamen von Sympathisanten und Unterstützerinnen von Donald Trump, in Deutschland vor allem aus den Reihen der AfD. "Dieses Wahlergebnis macht Mut für Deutschland und Europa, denn Trump hat tatsächlich die Karten zur politischen Zeitenwende in der Hand", sagte die Parteivorsitzende Frauke Petry am Mittwoch. Der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen erklärte: "Trump wurde zurecht für seinen Mut belohnt, sich gegen das System aufzulehnen und unbequeme Wahrheiten anzusprechen." Sein Wahlsieg sei eine "letzte Warnung für all die arroganten, abgehobenen Politiker, die sich selbst genug sind und deren einziges Ziel lediglich der Machterhalt ist." Der Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke schlug einen weiten Bogen nach Deutschland. Er sagte: "Ein 'Weiter so' darf es in der internationalen und in der deutschen Politik nicht mehr geben." Eine weitere Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) werde durch den Wahlsieg von Trump unwahrscheinlicher. Frank-Walter Steinmeier (SPD) müsse zurücktreten. Wer als Außenminister den zukünftigen US-Präsidenten als "Hassprediger" bezeichnet habe, dürfe Deutschland nicht mehr im Ausland vertreten. Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch bezeichnete Donald Trumps Sieg als "historischen Wahlerfolg" bezeichnet. "Der Sieg von Donald Trump ist ein Signal dafür, dass die Bürger in der westlichen Welt einen klaren Politikwechsel wollen", schrieb die stellvertretende Parteivorsitzende am Mittwoch auf Facebook. Allerdings seien viele von Trumps Aussagen kritisch zu sehen. Trump müsse "erst noch beweisen, dass er wirklich einen Neuanfang für die USA will." Ihr Parteikollege Marcus Pretzell nannte Trumps Abschneiden eine "neue Epoche der Weltgeschichte". Auf Twitter bediente sich der Landesvorsitzende aus Nordrhein-Westfalen eines Goethe-Zitats: "Und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen", schrieb er und fügte "Goethe" hinzu.
International tat sich vor allem der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban mit Begeistrung hervor. Er gratulierte dem neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump von ganzem Herzen: "Gratulation. Was für eine großartige Neuigkeit. Die Demokratie lebt noch", schrieb Orban am Mittwochmorgen auf Englisch auf seiner Facebook-Seite. Der rechts-konservative Politiker ist der einzige europäische Regierungschef, der bereits vor der US-Präsidentschaftswahl am Dienstag offen seine Vorliebe für den Republikaner Trump erklärt hatte.
"2016 Jahr zweier großer politischer Revolutionen"
Aber auch der britische Brexit-Wortführer Nigel Farage zeigte sich hoch erfreut über den Wahlausgang und gratulierte Trump: "Viele Glückwünsche", twitterte er am Mittwochmorgen. "Sie haben einen mutigen Wahlkampf geführt." Bereits kurz zuvor meinte Farage ebenfalls via Twitter: "Es scheint, als wird 2016 zum Jahr zweier großer politischer Revolutionen." Farage war beim EU-Referendum einer der entscheidenden Kämpfer für den EU-Austritt Großbritanniens. Er hatte Trump im Wahlkampf in den USA besucht und ihn unterstützt.
Ebenso begrüßte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Sieg Donald Trumps. Er gratulierte ihm und beschrieb ihn als "echten Freund Israels". Nach Angaben seines Büros sagte der Regierungschef: "Wir werden zusammenarbeiten, um die Sicherheit, Stabilität und den Frieden in unserer Region zu stärken." Das starke Bündnis zwischen Israel und den USA basiere auf gemeinsamen Werten und Interessen sowie einem gemeinsamen Schicksal, sagte Netanjahu. Er sei überzeugt, dass er den Pakt zwischen beiden Ländern gemeinsam mit Trump zu "neuen Höhen" bringen könne.
Als einer der ersten Staatschefs weltweit gratulierte Russlands Präsident Wladimir Putin Donald Trump. Er hoffe, dass es ihnen gemeinsam gelingen werde, die russisch-amerikanischen Beziehungen aus der Krise zu holen, schrieb Putin am Mittwoch in einem Telegramm. Ein konstruktiver Dialog sei im Interesse beider Länder und der Weltgemeinschaft, schrieb Putin nach Angaben des Kremls. Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind derzeit äußerst gespannt. Putin hatte sich während des US-Wahlkampfs lobend über Trump geäußert. Dieser hatte bereits bessere Beziehungen zu Moskau angekündigt.
Der polnische Präsident Andrzej Duda gratuliert ebenfalls. In einem Schreiben wünschte er dem künftigen US-Staatsoberhaupt eine erfolgreiche Amtszeit und hob die guten Beziehungen beider Länder hervor. "Die Bande zwischen Polen und den Vereinigten Staaten sind ein hervorragendes Beispiel einer strategischen Partnerschaft, die auf gemeinsamen Werten beruht, denen die Freiheit zugrunde liegt", schrieb Duda. Er begrüßte die beim Warschauer Nato-Gipfel im Juli beschlossene Aufrüstung der Ostflanke, in deren Rahmen die USA ihre Militärpräsenz in Polen verstärken werden. Duda hoffe außerdem, dass Trumps Regierung weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Polen und den USA eröffnen werde.
Auch Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi gratulierte Trump bereits früh zu dessen Wahlsieg. Ägypten hoffe, dass Trumps Präsidentschaft "einen neuen Geist in die ägyptisch-amerikanischen Beziehungen" bringe, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung. Die Beziehungen zwischen den USA und Ägypten waren unter dem autoritären Präsidenten und Militär al-Sisi angespannt. Ägypten wünsche den Amerikanern weiterhin Wohlstand, Stabilität und Fortschritt, hieß es in der Erklärung weiter.
Ebenso hoffe die Türkei auf eine gute Zusammenarbeit mit den USA und dass sie die Empfindsamkeit der Türkei im "Kampf gegen den Terror" berücksichtigten. Das sagte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim in Ankara nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. "Wir gratulieren Herrn Trump und wünschen ihm alles Gute", sagte Yildirim weiter. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sagte in Istanbul, er hoffe, dass der Wahlsieg Trumps zu positiven Entwicklungen in der Türkei und der Region beitrage.
Saudi-Arabiens König Salman bin Abdelasis al-Saud gratulierte Donald Trump ebenfalls zu dessen Wahlsieg. Er wünsche Trump auch im Namen der saudischen Regierung viel Erfolg bei der Mission, Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten und der ganzen Welt zu errichten, zitierte die saudische staatliche Nachrichtenagentur SPA aus einer Nachricht des Königs an Trump. Darin betonte der Monarch die "historisch tiefen Beziehungen zwischen den beiden befreundeten Ländern." Die USA unterhalten vor allem militärisch enge Verbindungen zu Saudi-Arabien und liefern dem Königreich Waffen. Auch im Krieg gegen die schiitischen Rebellen im Jemen unterstützen die USA die von Saudi-Arabien angeführte Koalition.