Diese Kritik, die vor allem in der Anonymität des Netzes ausufere, sei in erster Linie eine Reaktion auf die Berichterstattung über die Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen, sagte er am Dienstag in der Evangelischen Akademie Tutzing. Dabei habe das öffentlich-rechtliche Fernsehen in der Anfangsphase auch Fehler gemacht, räumte Gottlieb ein.
So seien durch die Dominanz der Bilder dieser Willkommenskultur nicht alle Facetten des Themas Flüchtlinge vermittelt worden. Auch in Talk-Shows seien überwiegend Vertreter der Willkommenskultur zu Wort gekommen, sagte Gottlieb beim 4. Medienforum der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Durch diese Auswahl habe sich das Publikum nicht umfassend informiert gesehen. Außerdem sei zu fragen, ob bei einer spärlichen oder immer gleichen Nachrichtenlage die vielen Sondersendungen wie etwa "Brennpunkte" wirklich nötig sind, sagte Gottlieb.
Als weiteren Grund für Medien-Verdrossenheit nannte der "Spiegel"-Kolumnist Jan Fleischhauer eine grundlegende Veränderung in der Beziehung zwischen Medien und ihren Nutzern. Während es früher ein Bündnis von Lesern und Journalisten gegen die Politik gegeben habe, würden die Journalisten von den Medien-Nutzern jetzt selbst zur Elite gerechnet. Außerdem lehnten die Zuschauer und Leser immer mehr einen "Nanny-Journalismus" ab, bei dem die Redakteure einem "pädagogischen Auftrag" folgen und gleich die Wertung zu den Fakten mitliefern. Sie trauten damit den Lesern nicht mehr zu, sich selbst eine Meinung zu bilden, sagte Fleischhauer.