Jerusalem (epd). Nach einer gemeinsamen Pilgerreise durch das Heilige Land wollen die beiden großen Kirchen in Deutschland die ökumenische Versöhnung weiter vorantreiben. Mit Blick auf das Reformationsjubiläum erklärten die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die katholische Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in einer gemeinsamen Botschaft, dass das geplante Christusfest die Kirchen auch über 2017 hinaus "auf unserem Weg zur vollen sichtbaren Einheit" stärken solle.
Die einwöchige Reise wurde vom EKD-Ratsvorsitzenden, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und vom Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Kardinal Reinhard Marx, als "bedeutender Schritt zur Versöhnung der Kirchen" bewertet.
Miteinander wirken
"Wir haben gelernt, mit dem Herzen des Anderen zu sehen", sagte Landesbischof Bedford-Strohm in Jerusalem. Kardinal Marx erklärte: "Das ist für uns ein Impuls, weiter zu gehen." Protestanten und Katholiken hätten der gesamten Gesellschaft etwas zu sagen und den Auftrag, nicht gegeneinander, sondern miteinander zu wirken. "Unsere gemeinsame Mission für unser Land ist noch nicht vollendet", heißt es in gemeinsamen Botschaft.
Das Schreiben soll an Papst Franziskus und den Präsidenten des Lutherischen Weltbundes (LWB), Munib Younan, übermittelt werden, die am Reformationstag (31. Oktober) zusammen einen Gottesdienst im schwedischen Lund feiern. Am selben Tag wird in Berlin das Festjahr zum Reformationsjubiläum eröffnet.
Die evangelische Kirche feiert im kommenden Jahr 500 Jahre Reformation. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.
"Wir wollen dieses Jahr mit Schwung angehen", kündigte Marx für das Reformationsjubiläum an. Von Deutschland aus sei die Spaltung in Konfessionen ausgegangen, daher stünden die Christen dort in besonderer Verantwortung, zur Aussöhnung beizutragen. Das Miteinander der Kirchen könne eine Orientierung auch für die zerstrittenen Religionen im Heiligen Land sein. "Wir wollen nicht richten, wir wollen unser Beispiel hineingeben."
EKD-Ratschef Bedford-Strohm äußerte den Wunsch nach einem Dialog zwischen Juden und Muslimen in Jerusalem. Mit Repräsentanten beider Religionen hatte die deutsche Delegation am Donnerstag auf dem Tempelberg und an der Klagemauer gesprochen. "Wir haben zwei völlig gegensätzliche Interpretationen der gleichen Realität gehört", sagte Bedford-Strohm. Er hoffe, dass die christlichen Kirchen Orte der Begegnung für alle Glaubensrichtungen schaffen könnten. "Der Tempelberg ist ein Ort für alle Religionen", sagte er.
Gute menschliche Atmosphäre
Der katholische Ökumene-Bischof Gerhard Feige unterstrich die gute menschliche Atmosphäre in der Delegation aus je neun Vertretern der Bischofskonferenz und der EKD. Bedford-Strohm äußerte sein Bedauern über bestehende Trennungen insbesondere bei den Abendmahl- und Eucharistie-Feiern während der einwöchigen Reise: "Wir haben die Erfahrung des Schmerzes gemacht, dass wir nicht gemeinsam am Tisch des Herrn sein konnten."
Am Freitagmorgen hatte die Delegation der Opfer des Holocaust gedacht. In der Gedenkstätte Yad Vashem legten Bedford-Strohm und Marx in der Halle der Erinnerung einen Kranz nieder, auf dessen Schleife stand "Herr gedenke ihrer Namen". Der katholische Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, sagte: "An keinem Ort im Heiligen Land gehen uns so die Worte aus wie an diesem Ort."
Die einwöchige Pilgerreise durch Israel und das Heilige Land wird am Samstag mit weiteren Begegnungen in Jerusalem abgeschlossen. Als konkrete nächste ökumenische Schritte nannten Marx und Bedford-Strohm mehrere gemeinsame Veranstaltungen im Reformationsjubiläumsjahr, unter anderem einen Gottesdienst zur Heilung der Erinnerung ("Healing of memories") in Hildesheim und einen ökumenischen Kongress in Bochum. Zudem sei in den kommenden Jahren ein weiterer ökumenischer Kirchentag zu erwarten.