Hilfsorganisationen warnen vor einem neuen Flüchtlingsdrama als Folge der geplanten Offensive auf die nordirakische IS-Hochburg Mossul. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR rechnet nach eigenen Angaben mit bis zu 700 000 Menschen, die fliehen und auf humanitäre Hilfe angewiesen sein könnten.
Bislang gebe es in Notaufnahmelagern und Flüchtlingscamps Plätze für rund 51 000 Menschen, sagte der Sprecher der Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC), Karl Schembri, der Deutschen Presse-Agentur. Im Bau oder in Planung seien Plätze für rund 230 000 Menschen. Dabei ist jedoch unklar, wann diese fertig sein werden.
"Das ist eine riesige Lücke", erklärte er. "In dem Moment, in dem ein solcher Strom von Menschen kommt, wird die Lage chaotisch werden." Einige Lager seien nicht geeignet, weil sie zu nahe an der Front lägen und deswegen für Helfer nicht zu erreichen seien.
Nach Angaben des Hilfswerks Oxfam hat die irakische Regierung 13 Notaufnahmelager für Flüchtlinge ausgewiesen, ihr Ausbau und ihre Einrichtung hätten allerdings bisher kaum begonnen. "Tausende bereits von Gewalt traumatisierte und unter Nahrungsmittelknappheit leidende Familien werden voraussichtlich wochenlang im Freien oder in völlig überfüllten Camps aushalten müssen", warnte Oxfam.
Schembri erklärte, die humanitäre Hilfe im Irak sei zudem chronisch unterfinanziert. "Seit Jahren haben wir dort Hunderttausende Vertriebene, aber nicht genug finanzielle Mittel", sagte er. "Der Irak wird nur als Sicherheitsfrage wahrgenommen." Der UNHCR benötigt für die Versorgung der Mossul-Flüchtlinge nach eigenen Angaben rund 200 Millionen US-Dollar (etwa 180 Millionen Euro), hat davon aber bisher nur rund ein Drittel erhalten.
Mossul ist die letzte Bastion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak. Derzeit formiert sich in der Region eine Allianz verschiedener Kräfte, die die Stadt befreien will. Beobachter halten einen Beginn der Offensive noch in diesem Monat für möglich.