Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, sagte, das Beispiel des 1945 eröffneten Grenzdurchgangslagers Friedland zeige, wie viele Menschen in Deutschland während des Krieges oder nach dem Krieg eigene Erfahrungen mit Fluchtgeschichten gesammelt hätten. Das erkläre die besondere Solidarität, zu der viele Menschen in Deutschland bereit seien.
Deutschland stehe vor großen Herausforderungen, sagte Claussen in der Friedländer St. Norbertkirche am Rande des Grenzdurchgangslagers. "Wie gut, dass es die Interkulturelle Woche dafür gibt, um gemeinsam zu überlegen, wie wir einträchtig in Vielfalt leben können." Das Motto der diesjährigen Woche lautet "Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt". Dazu sind in mehr als 500 Städten und Gemeinden rund 5.000 Veranstaltungen geplant.
Das Grenzdurchgangslager Friedland wurde im September 1945 auf Anordnung der britischen Armee als erste Anlaufstelle für Flüchtlinge und Vertriebene eröffnet. Heute ist dort eine Erstaufnahme des Landes Niedersachsen für Asylsuchende untergebracht.
Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle betonte, Friedland sei ein Synonym geworden für das Ankommen in Deutschland, die ersten Schritte auf dem Weg der Begegnung und der Integration. "Dieser Weg des Eröffnens von Perspektiven, der aktiven Teilhabe und der Suche nach neuen Gemeinsamkeiten ist auch das Kernanliegen der Interkulturellen Woche", sagte der Vorsitzende der Migrationskommission der katholischen Deutschen Bischofskonferenz: "Wir wollen eine umfassende Solidarität mit Migranten, mit denen, die aus Krieg und Hunger, aus Verfolgung und Erniedrigung geflohen sind."
An dem Gottesdienst wirkte auch der griechisch-orthodoxe Archimandrit Gerasimos Frangoulakis mit. Im Anschluss sprachen Vertreter verschiedener Religionen einen Friedensgruß. Später begann ein Begegnungsfest mit Theater, Musik und Führungen durch das Museum Friedland.
Beeindruckendes Maß an Solidarität
In einem Gemeinsamen Wort zur Interkulturellen Woche würdigten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos von Deutschland, die Hilfsbereitschaft der vielen Engagierten und das beeindruckende Maß an Solidarität und Unterstützung für die Flüchtlinge.
Die Interkulturelle Woche ist eine Initiative von Deutscher Bischofskonferenz, Evangelischer Kirche in Deutschland und Griechisch-Orthodoxer Metropolie von Deutschland. Sie findet seit 1975 jährlich Ende September statt. Die Initiative wird von Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Integrationsbeiräten, Migrantenorganisationen und Gruppen unterstützt.