"Das ist keine religiöse, sondern eine politische Debatte", betonte die Professorin am Institut für Theologie und Religionswissenschaften der Universität Hannover. Damit wendeten sich die Unionspolitiker, die sie begonnen hätten, an ein bestimmtes Wählerklientel, das den Fortbestand des christlichen Abendlandes bedroht sehe und in Schwarz-Weiß-Mustern denke. Ähnlich beurteilt sie auch das Burkiniverbot in einigen französischen Badeorten als eine populistische Entscheidung im Sinne der rechten Politikerin Marine Le Pens.
Dabei ist die Rechtslage nach Ansicht der Religionswissenschaftlerin zumindest in Deutschland eindeutig. Hier könne es keine Bekleidungsvorschriften geben. "Wenn mir dicke Bäuche in zu kurzen T-Shirts nicht gefallen, kann ich sie auch nicht einfach verbieten lassen", stellte Wunn klar.
Zu mehr Sicherheit würde ein Burkaverbot ebenfalls nicht beitragen, sagte sie: "Im Gegenteil. Das könnte radikale junge Muslime eher noch in ihrer Weltsicht bestärken, dass der Islam eine bedrohte und verfolgte Religion ist, die sich mit Gewalt zur Wehr setzen muss." Auch in Frankreich sähen sich die Muslime durch Burka- und Burkiniverbote nur in ihrer Meinung bestärkt, unterdrückt zu werden.
Wunn wies darauf hin, dass in Deutschland zwar nur sehr wenige Musliminnen lebten, die eine Burka oder einen Niqab trügen. In Baden-Baden oder München hingegen seien jedoch durchaus voll verschleierte arabische Touristinnen anzutreffen: "Die Einheimischen haben kein Problem mit Burka oder Niqab."
In bestimmten Gruppen existiere dagegen eine latente Angst vor dem Fremden. Der daraus entstehende Abwehrmechanismus richte sich in Deutschland derzeit vor allem gegen den Islam, sagte die Professorin. Wenn das Fremde dann noch zum Konkurrenten werde, verstärke sich die Abwehr. Das habe sich schon bei der Kopftuch-Debatte gezeigt: "Das Kopftuch hat niemanden gestört, solange die muslimischen Frauen damit zu Hause blieben. Da hat auch niemand ihre angebliche Unterdrückung beklagt. Jetzt wird es zum Problem, weil kopftuchtragende Muslimas in gehobene Positionen und Ämter streben und zu Konkurrentinnen auf dem Arbeitsmarkt werden."