Traumaforscher: Deutschland hat große Erfahrung bei der Integration

In der Nachkriegszeit aus der Tschechoslowakei vertriebene Sudetendeutsche bei ihrer Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland (undatiertes Archivfoto ohne Ortsangabe).
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In der Nachkriegszeit aus der Tschechoslowakei vertriebene Sudetendeutsche bei ihrer Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland (undatiertes Archivfoto ohne Ortsangabe).
Traumaforscher: Deutschland hat große Erfahrung bei der Integration
Der Traumaforscher Harald Freyberger hat der deutschen Gesellschaft große Integrationserfolge bescheinigt.

"Dieses Land hat eine unerhörte Expertise in der Integration von Menschen und auch von traumatisierten Menschen", sagte der Forscher von der Universität Greifswald am Donnerstag im Deutschlandfunk. Er verwies auf die vielen Vertriebenen zum Ende des Zweiten Weltkriegs sowie auf Millionen türkischer Staatsbürger und Russlanddeutscher, die die deutsche Gesellschaft aufgenommen hat. "Unter diesem Aspekt wird das alles nicht gesehen", kritisierte Freyberger, "sondern als etwas Fremdartiges verstanden."

Die Kriegsflüchtlinge, die heute kämen, seien zu einem beträchtlichen Teil traumatisiert. Die meisten stammten aus Syrien, an zweiter Stelle aus Afghanistan. Er rechne bei etwa "25 bis 30 Prozent mit wirklich manifesten, behandlungsbedürftigen psychischen Störungen", sagte Freyberger. Traumatherapie sei inzwischen aber "eine sehr erfolgreiche therapeutische Methode." Man dürfe nicht vergessen, "dass Menschen ein unerhörtes Vermögen haben, sich selbst zu restrukturieren".



Der Direktor der Greifswalder Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet auch an einem Forschungsprojekt zu traumatisierten Kindern von hauptamtlichen Stasi-Mitarbeitern. Diese Mitarbeiter hätten in der DDR einem Konformitätsdruck unterlegen, "einwandfreie Familien zu haben, klinisch rein" und systemidentifiziert zu sein, so Freyberger.

In der kritischen Jugendphase sei es deshalb zu familiären und politischen Zerreißproben gekommen. Es gebe Beispiele, in denen Eltern die Jugendlichen zur Umerziehung in Kinderheime gegeben hätten. Freyberger schätzt, dass die rund 90.000 hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiter ungefähr 150.000 Kinder hatten.