"Wer mit Ditib kooperiert, kooperiert mit Ankara und nicht mit einer Religionsgemeinschaft in Deutschland", sagte der religionspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Predigtmotive in Ditib-Moscheen würden "direkt aus der nationalen türkischen Politik entnommen, nicht aus der Religion", sagte der Oppositionspolitiker. Die Imame der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) sind Beamte des türkischen Staates. Beck forderte mehr Mut zum Streit mit den Islam-Verbänden, insbesondere mit Ditib.
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir verlangte, den Einfluss des Islam-Verbandes Ditib auf den islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen zurückzudrängen. Ditib gehe es "in erster Linie um Politik und nicht um Religion", sagte Özdemir der "Bild"-Zeitung (Mittwochsausgabe). "Ein guter islamischer Religionsunterricht an unseren Schulen wäre äußerst wichtig, aber bitte mit den Werten unseres Grundgesetzes und nicht als Erdogan-Staatsbürgerkunde unter dem Deckmantel der Religion", sagte Özdemir.
Bundesländer sehen den Umgang mit Ditib unterschiedlich
Der Islam-Experte Ourghi sagte im Deutschlandfunk, in einigen Moscheen von Dachverbänden wie Ditib finde eine Radikalisierung durch Imame aus dem Ausland statt. Als Beispiel nannte er die Ditib-Moschee im nordrhein-westfälischen Dinslaken. Durch die von der Türkei finanzierte Religionsanstalt habe das politische System in der Türkei heute einen großen Einfluss auf die muslimischen Gemeinden in Deutschland, sagte Ourghi, der den Fachbereich Islamische Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg leitet.
Der Grünen-Politiker Beck sagte, er sei nicht für einen Abbruch der Gespräche oder bestehender Kooperationsformen. "Ich rate aber dringend davon ab, von den Grundlagen des deutschen Religionsverfassungsrechts abzusehen, indem man religiöse Vereine zu Religionsgemeinschaften macht und sie damit mit Privilegien einer Körperschaft des öffentlichen Rechts analog zu den Kirchen ausstattet", sagte der Bundestagsabgeordnete.
Beck fügte hinzu, es spreche nichts dagegen, dass Ditib auch künftig beim islamischen Religionsunterricht mitredet. "Aber ausschließlich mit Ditib zu reden, das geht nicht", betonte er. Als gute Übergangslösung bezeichnete er das Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen, wo der Beirat für den islamischen Religionsunterricht aus Vertretern der Verbände und Sachverständigen besteht. NRW hatte zum Schuljahr 2012/13 als erstes Bundesland den bekenntnisorientierten Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach eingerichtet.
In den Bundesländern wird der Umgang mit Ditib unterschiedlich gesehen. Während Rheinland-Pfalz nach den Worten von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kritisch prüfen will, ob der Verband sich weiter an Vertragsverhandlungen der Landesregierung mit fünf islamischen Verbänden zur Ausgestaltung des islamischen Religionsunterrichts beteiligen könne, will Hessen an Ditib als Partner beim islamischen Religionsunterricht festhalten.
Ein Sprecher des hessischen Kultusministeriums nannte auf epd-Anfrage die Diskussion über Ditib in Rheinland-Pfalz zwar verständlich. In Hessen sei die Situation aber nicht vergleichbar. Denn in diesem Bundesland gebe es ja schon seit mehr als drei Jahren eine bewährte Zusammenarbeit mit der türkisch-islamischen Organisation.
Die Landesregierung überprüfe regelmäßig den von Ditib-Leuten erteilten Religionsunterricht. Dabei habe sich bislang gezeigt, dass es keinen Einfluss des türkischen Staats gebe. Sollte ein solcher festgestellt werden, würde ihn das hessische Kultusministerium auch nicht dulden und unverzüglich eingreifen, sagte der Sprecher. Bislang habe es nie einen Grund für Beanstandungen gegeben.
In Niedersachsen ist die Unterzeichnung der umstrittenen Verträge des Landes Niedersachsen mit den muslimischen Verbänden erneut infrage gestellt. Die CDU-Fraktion in Landtag beschloss am Dienstag einstimmig, während der laufenden Legislaturperiode keine weiteren Verhandlungen aufzunehmen. Insbesondere der Verband Ditib habe nicht die nötige Staatsferne zur Türkei, sagte der Fraktionsvorsitzende Björn Thümler in Hannover. Die Landesregierung verhandelt seit Jahren mit den Verbänden Ditib und Schura und den Alevitischen Gemeinden über den Vertrag.