Der Gesellschaft sei nicht bewusst, wie viel Material im Internet inzwischen verfügbar sei, sagte Klaus Beier, Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité, am Montag in Berlin. Die Raum-Installation mit dem Titel "Readywaste" des Künstlers Costantino Ciervo soll bis zum 25. August immer größer werden. Sie ist im Gläsernen Pavillon der Berliner Volksbühne zu sehen.
Beier, der zugleich Leiter des Berliner Standorts des Präventionsnetzwerkes "Kein Täter werden" ist, erklärte, die zerstörten Datenträger stammten von Patienten, die sich im Präventionsprojekt Dunkelfeld behandeln ließen, um selbst keinen Missbrauch zu begehen und den weiteren Konsum entsprechender Bilder zu unterbinden. Sie hätten sich freiwillig von den Aufnahmen getrennt, "als Symbol für einen Neuanfang in ihrem Leben".
Täglich werden 200 bis 300 aktuelle Fälle gemeldet
Auf einigen Datenträgern befänden sich mehrere Terabyte mit Missbrauchsdarstellungen, berichtete der Mediziner und betonte, hinter jeder Aufnahme stehe ein realer Missbrauch. Leider sei es heutzutage viel einfacher, an das Material zu kommen, egal ob es auf Whatsapp getauscht oder im sogenannten Darknet erworben werde. Im anonymen Teil des Internets fänden sich kilometerlange Listen mit sexuellen Aufnahmen von und mit Kindern.
Die Weltgesundheitsorganisation stuft Pädophilie mittlerweile als psychische Störung ein. "Wir sind in der Lage, die zu behandeln", von der Analyse brisanter Situationen bis zur Verschreibung von Medikamenten, um das sexuelle Bedürfnis zu reduzieren, sagte der Sexualwissenschaftler.
Doch auch die Strafverfolgung müsse dringend ausgeweitet werden, erklärte Beier. Die Sicherheitsbehörden schafften es nicht, die eingehenden Hinweise zügig zu bearbeiten. Alleine aus den USA würden dem Bundeskriminalamt täglich 200 bis 300 aktuelle Fälle gemeldet, sagte Julia von Weiler, Geschäftsführerin von "Innocence in Danger". Auch Livestreams von sexuellem Missbrauch stellten zunehmend ein Problem dar.
Auf den Servern noch verfügbar
Der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Ralf Kleindiek, forderte die Politik auf, daran zu arbeiten, dass dieser symbolische Berg mit geschredderten CDs und DVDs in Zukunft kleiner werde. Pädophilie sei als Krankheit anerkannt und gehöre deshalb "in die Regelsysteme unseres Gesundheitssystems", sagte er. Auf diese Weise könnten auch die finanziellen Lasten für die Behandlung geklärt werden, so wie bei anderen Krankheiten auch. Dieses ein Vorgehen sei insgesamt die "beste Möglichkeit, um sexuellen Missbrauch an Kindern zu verhindern", sagte der Staatssekretär.
Der Künstler Ciervo machte indes deutlich, dass sein Kunstprojekt nur einen Teil des gesamten Problems darstellen könne. Denn die geschredderten Dateien seien keinesfalls endgültig zerstört. Auf den Servern, wo sie zuvor heruntergeladen wurden, seien sie immer noch verfügbar, erklärte er. Die missbrauchten Kinder würden ihr Leben lang nicht nur unter den Taten leiden, sondern auch unter der Vorstellung, dass die von ihnen gemachten Fotos und Videos immer noch zum Download verfügbar seien.