0800/1110111 - Telefonseelsorge feiert 60-jähriges Jubliläum

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Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode erklärte mit Blick auf die Anschläge und Gewalttaten der vergangenen Tage und Wochen, Krisennetzwerke wie die Telefonseelsorge seien heute notwendiger denn je.

Diakoniepräsident Ulrich Lilie hat zu einer positiven Haltung auch in Zeiten von Sorgen und Nöten aufgerufen. "Menschen schüren Hass, führen Kriege immer wieder - und es wird trotzdem Sommer", sagte Lilie am Samstag in einem ökumenischen Festgottesdienst zum 60-jährigen Bestehen der Telefonseelsorge im Aachener Dom. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode erklärte mit Blick auf die Anschläge und Gewalttaten der vergangenen Tage und Wochen, Krisennetzwerke wie die Telefonseelsorge seien heute notwendiger denn je.

Lilie sagte, die Wahrnehmung von Schönheit und Heiterkeit müsse auch in schweren Zeiten geübt werden, "diszipliniert, jeden Tag, unabhängig von der Stimmung". Das sei zuweilen Schwerstarbeit. So gehe es etwa im Schatten einer Depression für den betroffenen Menschen darum, wahrzunehmen, dass all das Schöne, Angenehme und Erfreuliche um ihn herum noch da sei, sagte der evangelische Theologe laut Predigttext vor Ehrenamtlichen aus der Telefonseelsorge. Gerade Christen könnten üben, "dass Sorgen nicht die erste Reaktion auf unseren Alltag zu sein brauchen. Stattdessen: Beten, flehen, bitten und danken. In jeder Lage."



Zugleich warnte Lilie vor erzwungenem Optimismus. "Es gibt eine uneinfühlsame Voreiligkeit des 'Alles wird gut', einen allzu gewissen 'Kopf hoch'-Optimismus auch in frommen Varianten, die sich dem Entsetzen, der Trauer, der Hilflosigkeit ihrer Mitmenschen verweigern", sagte der Präsident des Diakonie-Bundesverbands. Er würdigte die Arbeit der ehrenamtlichen Telefonseelsorger. "Menschen sind die Ohren Gottes, wenn wir uns dem Leid der anderen nicht verschließen", betonte Lilie.

Bode leitete seine Predigt mit den Worten ein: "Wer könnte heute - nach all den Eilmeldungen dieser Woche ohne auf die Ereignisse in Nizza, Orlando, Würzburg und München zu schauen - einen Gottesdienst beginnen? Die Welt scheint aus den Fugen geraten. Die Ängste und Unsicherheiten wachsen." Er sprach den Opfern und deren Angehörigen seine Anteilnahme aus. In der jetzigen Situation sei es um so wichtiger, ein Ohr zu haben für die Nöte und Ängste der Menschen, wie es die Telefonseelsorge seit 60 Jahren anbiete.

1,8 Millionen Beratungsgespräche pro Jahr

Aus dem Keim einer "Lebensmüdenberatung" sei in wenigen Jahren eine Frucht mit psychosozialer Innovationskraft herangewachsen, "die neben evangelisch und katholisch, Ost und West noch so manche weitere Grenze überwand", sagte der Osnabrücker Bischof. Die Telefonseelsorge habe sich zu einem internationalen Netzwerk entwickelt, das heute unzählige Menschen in Krisensituationen auffange und ihnen Halt gebe. Das Netzwerk sei "stärker ist als die Netzwerke von Terror, Hass und Gewalt, die uns heute erschüttern", erklärte Bode, der auch Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz ist.

Die 1956 in Berlin ins Leben gerufene Telefonseelsorge ist ein gemeinsames Angebot beider Kirchen und verfügt nach eigenen Angaben über ein bundesweites Netzwerk mit 105 örtlichen Stellen. Pro Jahr führen rund 7.500 Ehrenamtliche etwa 1,8 Millionen Seelsorge- und Beratungsgespräche über die bundesweit einheitlichen Rufnummern.