"Ich denke, es wird bei den Muslimen so sein, wie sich das bei den Frauen in politischen Spitzenämtern entwickelt hat - in einigen Jahren wird das gar kein Thema mehr sein", sagte Özkan im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie war von 2010 bis 2013 Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen.
Bereits heute errege die muslimische Religion eines Politikers viel weniger Aufmerksamkeit als zu ihrer Amtszeit, fügte Özkan, die als Geschäftsführerin der Deutsche Bank Kredit Service arbeitet, hinzu. Laut einer Erhebung des epd bekennt sich derzeit kein Mitglied einer Landes- oder der Bundesregierung zum muslimischen Glauben.
Bevor sie Ministerin wurde, habe ihre Religion in der politischen Arbeit überhaupt keine Rolle gespielt, berichtete Özkan. Das habe sich mit ihrer Nominierung geändert: "Ganz plötzlich war meine Konfession das große Thema. Dass ich Muslimin bin, hat viele Journalisten interessiert." Ihre Nominierung sei auch ein Signal gewesen, weil viele gerade der CDU nicht zugetraut hätten, eine Muslimin zur Ministerin zu machen: "Ich wurde dadurch zu einer Art Symbol." Bei ihren christlichen Ministerkollegen sei die Religion hingegen überhaupt kein Thema gewesen.
Wie vom Mond gekommen
Im ersten halben Jahr nach ihrer Vereidigung sei das Fachliche in den Hintergrund getreten, sagte Özkan. "Viele Menschen waren irritiert, auch in meiner eigenen Partei." Sie sei auf Vorbehalte gestoßen: "Manche haben auf mich reagiert, als sei ich gerade vom Mond gekommen." Sie sei auf viele Menschen zugegangen. "Viele interessierten sich für mich als Person: Wer ist diese Frau und wie ist sie eigentlich in dieses Amt gekommen?" Gerade in ländlichen Gebieten seien vielen Menschen noch immer kaum Muslime persönlich bekannt.
Die intensive mediale Berichterstattung über sie habe sie auch nutzen können, um Gehör für ihre inhaltlichen Anliegen zu finden, bilanzierte Özkan. "Das war ein Vorteil für mich."