Ein Religionsverständnis, das auf Ablehnung, auf Angst, auf der Tabuisierung der Sexualität beruhe, trage zur Radikalisierung bei, warnte Mansour mit Blick auf den Anschlag im südfranzösischen Nizza mit mehr als 84 Toten.
Auch in Deutschland verlaufe die Radikalisierung nicht völlig lösgelöst von den Entwicklungen in der muslimischen Community. Sie fange nicht erst bei der Begegnung mit Islamisten sondern bereits bei den Eltern an, die die europäischen Lebensweise und die Freiheit als "unmoralisch verteufeln", so der in Israel geborene Palästinenser. "Europäischer Islam" sei in konservativen muslimischen Kreisen in Deutschland ein Schimpfwort. Deshalb könnten die Muslime auch nicht sagen, islamistischer Terror habe nichts mit der Religion zu tun, wenn manche muslimische Verbände und Organisationen täglich diese Feindbilder pflegten, sagte Mansour.
Bei der Radikalisierung von jungen Muslimen spielten die psychologische, die gesellschaftliche und die religiöse Ebene zusammen, sagte der Psychologe weiter. So gebe es mittlerweile Facebook-Gruppen mit Hunderttausenden von Mitgliedern, die die Welt als einen Ort zeichnen, in dem übermächtige Koalitionen ständig den Islam bekämpfen. "Die Muslime werden als Opfer dargestellt. Wenn die Leute das verinnerlichen, dann sehen sie IS und Al Quaida als Bestätigung ihres Weltbildes", warnte Mansour: "Die Muslime sind schwach und der Terror ist ihr letztes Mittel, sich zu wehren."
Ahmad Mansour arbeitet in der Berliner Beratungsstelle Hayat, die die Radikalisierung von Jugendlichen zu verhindern sucht. Bekanntgeworden ist er als Autor des Buches "Generation Allah".