Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat am Sonntag die Verbundenheit zwischen Kirche und Gewerkschaft betont. Dies sei "gerade in den letzten Jahren" trotz einzelner Streitpunkte immer wieder deutlich geworden, sagte der bayerische evangelische Landesbischof heute bei der Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auf dem Ingolstädter Paradeplatz anlässlich des "Tags der Arbeit". Man streite gemeinsam für den Schutz des Sonntags, für den sozialen Ausgleich, für ein zukunftsfähiges Wirtschaften, ohne die Natur zu zerstören.
Kirche und Gewerkschaft teilten die "tiefe Überzeugung, dass der Mensch nie allein Mittel zum Zweck werden darf", sondern eine Würde habe, die "nie dem Geld und dem Gewinn geopfert werden darf", sagte Bedford-Strohm. Der EKD-Ratsvorsitzende betonte die gemeinsame Vision einer Gesellschaft, "deren Wohlstand daran gemessen wird, wie es ihren schwächsten Gliedern geht". Und schließlich wollten beide ein "weltoffenes Land, in dem Flüchtlinge nicht wie Eindringlinge behandelt werden", sondern als Menschen, die "unseren Beistand verdienen", erläuterte der Theologe: "Das ist das Land, das wir wollen!"
Der EKD-Ratschef betonte, dass starke Gewerkschaften "keine Bedrohung einer kraftvollen Wirtschaft" seien, sondern ein wesentlicher Faktor dafür. Zufriedene und durch Betriebsräte vertretene Mitarbeiter seien "die größte Produktivkraft für ein Unternehmen". Bedford-Strohm erinnerte an die EKD-Denkschrift "Solidarität und Selbstbestimmung im Wandel der Arbeitswelt" aus dem vergangenen Jahr. Zugleich prangerte er das Auseinanderfallen zwischen Spitzeneinkommen in der Wirtschaft und dem Durchschnittseinkommen an. "Es muss nicht jeder das Gleiche kriegen", die Differenz dürfe aber nicht aus den Fugen geraten.
Zuvor hatte Bedford-Strohm bereits in der Ingolstädter St. Matthäuskirche gepredigt. Für die meisten Menschen ist seiner Ansicht nach eine sinnerfüllte Arbeit einer der wichtigsten Faktoren für ein erfülltes Leben. Deshalb sei Arbeitslosigkeit für viele Menschen so schlimm. In diesem Zusammenhang sehe er auch Gefahren bei der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, sagte der Landesbischof. Dieses könne "ein Segen sein", wenn es dazu diene, dass Menschen die materielle Basis erhalten, sich ohne Erwerbsarbeit in die Gesellschaft einzubringen. Man dürfe damit aber Menschen, "die man für nicht leistungsfähig hält", nicht mit etwas Geld ruhigstellen und ins Abseits schieben.
Menschliche Arbeit sei aus theologischer Sicht auch "nicht nur ein Job", sie sei immer auch "Teilhabe an Gottes Schöpferwerk". Gott habe den Menschen schließlich den Auftrag gegeben, die Erde "zu bebauen und zu bewahren". Vor Gott gebe es keinen Rangunterschied zwischen den Berufen, sagte Bedford-Strohm. Dem Gemeinwesen werde "nicht nur zum Blühen verholfen", wenn jemand in Vorträgen oder Predigten große Visionen entwerfe. Dem Gemeinwesen sei "mindestens genauso gedient, wenn jemand die Toiletten saubermacht", sagte der Landesbischof.