Der aus dem Kongo stammende katholische Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende (66) hat genug: Nachdem er monatelang Morddrohungen erhalten hatte und rassistisch beschimpft worden war, gab er nun sein Amt auf. Im Gottesdienst am Sonntag kündigte er an, die Gemeinde Zorneding bei München nach vier Jahren verlassen zu wollen. Das Erzbistum München bestätigte am Montag, dass der Pfarrer ab 1. April "an einem neuen Ort" arbeiten werde. Die Situation sei für ihn sehr belastend gewesen, gleichwohl blicke er ohne Verbitterung auf seine Zeit in Zorneding zurück.
Die Anfeindungen gegen den Pfarrer hatten bundesweit für Aufsehen gesorgt: Im vergangenen Herbst kritisierte Ndjimbi-Tshiende die örtliche CSU wegen flüchtlingsfeindlicher Äußerungen. Ein CSU-Vertreter bezeichnete den Pfarrer daraufhin als "Neger". In den vergangenen Monaten erhielt Ndjimbi-Tshiende mehrere Drohbriefe, laut Polizei auch mit "Auschwitz-Bezug". Das Erzbistum teilte am Montag mit, man bedauere Ndjimbi-Tshiendes Rücktritt, trage die Entscheidung aber mit und stehe an der Seite des Pfarrers.
Ndjimbi-Tshiende will sich nicht äußern
Wie die Polizei Oberbayern Nord auf epd-Anfrage mitteilte, wird derzeit wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Bedrohung ermittelt. Einen konkreten Tatverdacht gebe es aber bisher nicht.
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch bezeichnete die Morddrohungen gegen den Pfarrer als "Katastrophe". Er hoffe, dass es sich um einen Einzelfall handele, sagte Koch am Montag im Deutschlandradio Kultur. Gleichwohl hätten die Vorfälle aber auch symbolischen Charakter.
In der evangelischen Kirchengemeinde in Zorneding im Landkreis Ebersberg zeigte man sich entsetzt über die rassistischen Auswüchse und den Weggang des katholischen Kollegen. Pfarrer Manfred Groß sprach auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) von einer "super-ökumenischen Zusammenarbeit". Ndjimbi-Tshiende sei ein freundlicher und umgänglicher Mensch. Von den Morddrohungen zeigte sich Groß "sehr betroffen". Er werde im Kirchenvorstand und im Gespräch mit der politischen Gemeinde darauf dringen, ein gemeinsames Zeichen gegen Rassismus zu setzen. "Sowas kann man nicht einfach auf sich beruhen lassen", sagte Groß.
Er glaube nicht, dass die Drohbriefe im Zusammenhang mit den flüchtlingsfreundlichen Äußerungen von Ndjimbi-Tshiende stünden, erklärte Groß. Es gehe wohl eher um die Hautfarbe. Ndjimbi-Tshiende habe ihm mehrmals erzählt, dass er auch in seiner Zeit vor Zorneding immer wieder wegen seiner Hautfarbe beleidigt worden sei. Ndjimbi-Tshiende selbst will sich nicht zu den Vorfällen äußern, wie das Erzbistum mitteilte.
Auch in der bayerischen evangelischen Landeskirche zeigte man sich besorgt um ausländische Pfarrer, die ihren Dienst in Deutschland tun: Es sei schon immer Teil der vierwöchigen Ausbildung gewesen, die Pfarrerinnen, Pfarrer und Freiwilligen-Dienstler darauf hinzuweisen, dass es in Deutschland auch einige Personen gebe, "die auf Menschen anderer Hautfarbe und aus dem Ausland nicht positiv reagieren", sagte Reinhild Schneider vom Partnerschaftswerk Mission EineWelt. Laut einem Landeskirchen-Sprecher sind aber keine Anfeindungen bekannt gegen ausländische Pfarrer oder Pfarrer, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind.
Pfarrer will der Kirche Jesu Christi dienen
Ndjimbi-Tshiende war seit 2012 Pfarrer in Zorneding. Laut Erzbistum wurde er "gut und freundlich aufgenommen". Zuvor war er Pfarradministrator in München-Milbertshofen St. Georg und im niederbayerischen Buch am Erlbach tätig. 1979 wurde er im kongolesischen Muanda zum Priester geweiht. Anfang der 90er-Jahre studierte er an der Hochschule für Philosophie und an der Ludwig-Maximilians-Unversität München. Zwischen 2001 und 2005 lebte er wieder im Kongo und kehrte 2005 auf eine Priesterstelle zurück. Ndjimbi-Tshiende ist promovierter und habilitierter Philosoph und besitzt inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft.
Der Pfarrer sagte laut Erzbistumsangaben, er blicke nun nach vorne und freue sich auf den vor ihm liegenden priesterlichen Dienst an einem neuen Ort. Im Zentrum stehe für ihn, der Kirche Jesu Christi zu dienen. Auf der Homepage der St. Martins-Gemeinde in Zorneding schrieb Ndjimbi-Tshiende: "Die schwierigste Aufgabe des Menschen als solchen scheint wohl dies zu sein: Verstehen und verstanden werden."