Die Evangelikalen sind tief gespalten in ihrer Haltung zum republikanischen Spitzenreiter Donald Trump. Der rechtspopulistische Showman hat bei den Vorwahlen mehr evangelikale Stimmen erhalten als seine Hauptrivalen Ted Cruz und Marco Rubio, beide verdiente Veteranen des Kulturkrieges. Gleichzeitig warnen renommierte Evangelikale, Trump sei nicht wählbar.
Redakteure des konservativen Magazins "Christian Post" schreiben, bei Trump könnten sie aus moralischen Gründen nicht schweigen. Er degradiere Frauen und Minderheiten. Er verbreite "Beleidigungen, Obszönitäten und Lügen", und gebe Versprechen, die er nicht einhalten könne. Trump wolle Christ sein, sage aber, er habe Gott noch nie um Verzeihung gebeten.
Der Prediger Max Lucado, Autor zahlreicher christlicher Bestseller, kritisierte: Trump verstoße gegen den Anstand mit Beschimpfungen, seine Kontrahenten seien "dumm" und "Verlierer". Lucado vermerkte auf Facebook, er hätte es seinen drei Töchtern verboten, mit jemandem wie Trump auszugehen. Der Chef der Ethikkommission der Südlichen Baptisten, der größten protestantischen Kirche, Russell Moore, distanzierte sich ebenfalls von Trumps Rhetorik.
Trump hat jedoch auch Verteidiger, darunter den baptistischen Megakirchenpastor aus Dallas, Robert Jeffress. Trump sei ein "sehr unorthodoxer Kandidat", räumte Jeffress im Rundfunksender NPR sein. Manche Evangelikale seien "Idealisten", manche "Pragmatiker". Idealisten wünschten sich einen strenggläubigen Christen. Pragmatiker hingegen fürchteten, die USA seien "so weit nach links gerutscht, dass wir uns auf den konservativsten Kandidaten einigen müssen". Viele Pragmatiker wählten Trump, sagte Jeffress.
Jerry Falwell Jr., Präsident größten christlichen Universität in den USA und Sohn des 2007 verstorbenen Urvaters der rechts-christlichen Bewegung, Jerry Falwell, sprach sich ebenfalls für Trump aus. Dieser sei ein "erfolgreicher Geschäftsmann, wunderbarer Vater, und ein Mann, der meines Erachtens unser Land wieder groß machen kann".
Am Super-Dienstag in der vergangenen Woche hatte Trump in den südöstlichen Bundesstaaten - dem sogenannten Bibelgürtel - gut abgeschnitten. Nach Berechnungen des "Public Religion Research Institute" ist die weiße evangelikale Zustimmung zu Trump gewachsen. 53 Prozent der befragten Evangelikalen sagten im Januar, sie fänden Trump gut. Im November seien es noch 37 Prozent gewesen.
Trump kommt an bei Leuten, die frustriert sind und auf einen "Außenseiter" setzen. Das Element Rasse ist nicht zu übersehen. Bei Trumps Veranstaltungen sieht man fast nur weiße Gesichter. Die Fans applaudieren, wenn Trump einen Grenzzaun bauen und Millionen "Illegale" abschieben will. Laut ABC News befürworteten 60 Prozent der Republikaner im Süden Trumps Einreiseverbot für Muslime.
Der Milliardär greift auch bestimmte Lieblingsthemen rechter Christen auf. Er wolle Gesetze aufheben, wonach Kirchen und steuerbefreite Verbände nicht parteipolitisch aktiv sein dürfen. Unter ihm als Präsidenten würden die USA "starke christliche Lobbyverbände" erleben, sagte Trump.
Was tun Evangelikale, sollte Donald Trump die Vorwahlen gewinnen und bei den Hauptwahlen gegen Hillary Clinton oder Bernie Sanders antreten, zwei unakzeptable Politiker wegen ihre Haltung zur Abtreibung und Homo-Ehe? Bei der Wahl zwischen "eindeutig unmoralischen Kandidaten", dürften Christen nicht für das kleinere Übel stimmen, betonte der baptistische Ethiker Russell Moore. Man könne einen anderen Namen auf den Stimmzettel schreiben, auch wenn der keine Chance habe.
Für Christen sei nicht die Feier in der Wahlnacht maßgebend, sondern das Jüngste Gericht, sagte Moore. Das Etikett "evangelikal" habe in diesem Wahljahr ohnehin fast jegliche Bedeutung verloren.