Die Anzeichen für das Zusammentreffen hätten sich in der jüngsten Zeit verdichtet, sagte der Catholica-Referent des Konfessionskundlichen Instituts der evangelischen Kirche im südhessischen Bensheim dem Evangelischen Pressedienst (epd). Fragen wie die Situation der Christen im Nahen Osten und der Religionsfreiheit würden offenbar im Vordergrund stehen. Der Papst und der Patriarch wollen am Freitag auf dem Flughafen in Havanna zusammenkommen.
Bräuer sagte, das Treffen auf Kuba diene der Verbesserung des Klimas zwischen den Kirchen, aber eine Lösung theologischer oder kirchenpolitischer Streitfragen sei nicht zu erwarten. Das sei vielmehr Sache der Gesamtheit der orthodoxen Kirchen, die darüber auf dem bevorstehenden panorthodoxen Konzil im Juni beraten wollen. "Franziskus ist Pragmatiker. Es geht ihm darum, dass die Kirchen das gemeinsam machen, was sie machen können, und deshalb lotet er den Handlungsspielraum für die Kirchen aus. Und wenn Orthodoxe und der Vatikan mit einer Stimme die weltweiten Christenverfolgungen und die Gewalt gegen Christen etwa in Syrien anprangern könnten, ist es ihm recht", sagte Ökumene-Experte Bräuer. Es gehe Franziskus vor allem um die Begegnung, das menschliche Miteinander und das Gespräch.
Arbeitstreffen auf höchster Ebene
Schon bei der Ankündigung der als historisch geltenden Zusammenkunft seien keine religiösen Inhalte genannt worden, sagte Bräuer. Daher sei es im Grunde zunächst ein Arbeitstreffen auf höchster Ebene, dem weitere folgen könnten. Das Treffen zwischen Kyrill und Franziskus stehe auf einer anderen Ebene als zum Beispiel die Zusammenkunft von Papst Paul VI. und dem damaligen Ökumenischen Patriarchen Athenagoras 1964 in Jerusalem. Das sei das erste Treffen mit dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxie seit der Spaltung von 1054 überhaupt gewesen und habe zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen den orthodoxen Kirche und dem Vatikan geführt, fügte der Theologe hinzu. Damals hätten Patriarch und Papst gemeinsam ein Vaterunser gebetet.
Das jetzige Gipfeltreffen, die erste Begegnung zwischen einem römischen Papst und dem Patriarchen der Russischen Orthodoxen Kirche, sei in den 1990er Jahren von Papst Johannes Paul II. gewünscht worden, erinnerte Bräuer. Aber seine polnische Herkunft und vor allem die nach der Wende sich neu formierende mit Rom unierte griechisch-katholische Kirche in der Ukraine, die den russischen Orthodoxen bis heute ein Dorn im Auge sei, sowie die Neugründung römisch-katholischer Bistümer in Russland hätten ein solches Treffen zunächst verhindert.
"Die Existenz einer Kirche, die wie die orthodoxe Kirche ihre Gottesdienste feiert, aber den Papst als Oberhaupt anerkennt, war und ist für die orthodoxe Kirche Russlands immer problematisch", sagte Bräuer. Aber offensichtlich habe die Existenz dieser Kirche nun nicht mehr das Gewicht, welches ein Treffen der beiden Kirchenführer unmöglich machen würde.