"Es ist kein weiterer Tabubruch", sagte der Erlanger Theologieprofessor am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Forschungsvorhaben stehe im Einklang mit der britischen Gesetzgebung. In Deutschland sei durch das Embryonenschutzgesetz die Herstellung von Embryonen für solche Zwecke untersagt. Dabrock ist stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrates.
Die britische Behörde für menschliche Befruchtung und Embryologie (HFEA) hatte am Montag einen entsprechenden Antrag des Francis Crick Institutes aus London genehmigt. Danach können Wissenschaftler künftig an gesunden menschlichen Embryonen über die Behandlung von Unfruchtbarkeit und die Ursachen von Fehlgeburten forschen.
Experimente in den ersten sieben Tagen
Die Embryonen stammen von Paaren, die sich einer künstlichen Befruchtung unterzogen haben, wie das Institut am Montag mitteilte. Dabei reifen oft mehrere Embryos heran, die nicht alle in die Gebärmutter eingesetzt werden. Die Experimente am Erbgut sollen in den ersten sieben Tagen nach der Befruchtung erfolgen. Bevor die Forschung starten kann, muss noch eine Ethikkommission grünes Licht geben.
Große Bedenken äußerte Dabrock dagegen mit Blick auf eine andere gentechnische Praxis in Großbritannien. So gebe es in England seit 2015 eine rechtliche Grundlage dafür, dass die DNA der Mitochondrien, also des Energiekraftwerkes der Zelle, verändert werden darf. Es sei trotz vieler Beschwichtigungen von Seiten der Forscher keineswegs ausgeschlossen, dass es eine "Interaktion zwischen der mitochondrialen DNA und des Zellkerns gibt", fügte der Theologe hinzu: "Wenn man das wirklich nicht ausschließen kann, dann war diese Manipulation schon längst der Tabubruch in Großbritannien". Denn schon damals gab es grünes Licht für Keimbahninterventionen.
Internationale Debatte dringend nötig
Grundsätzlich rechne er damit, dass aus therapeutischen Gründen genetisch manipulierte Embryonen "in nicht allzu ferner Zukunft" implantiert werden, sagte Dabrock: "Ich glaube, das muss man ehrlicherweise sagen." In der ethischen Debatte vor allem in Großbritannien, aber zum Teil auch in Deutschland gebe es Stimmen, die Embryonen solange nicht verändern wollen, solange die Risiken unkalkulierbar seien. In dieser Einschränkung klinge allerdings an, dass diese Vertreter einer liberalen Position jenseits der Risikoabschätzung keine grundsätzlichen Hemmnisse anerkennen würden, in das menschliche Genom einzugreifen. Dies bedeute, dass man grundsätzlich bereit sei, die Keimbahn als natürliche Grundlage des menschlichen Daseins zu verändern.
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Er sei sich sicher, dass die britischen Forscher keinen Rechtsbruch begehen, sagte Dabrock. Allerdings gebe es einen starken wissenschaftlichen Wettbewerb zwischen Großbritannien und China, dass man in "nicht allzuferner Zeit eben soweit kommt, dass die Forscher den Politikern sagen, wir haben jetzt eine so hohe Sicherheit, jetzt lasst uns auch einen solchen keimbahnveränderten Embryo implantieren". Dann werde argumentiert, die Risiken seien inzwischen so gering, das man es tun könnte, warnte der Sozialethiker. Da die Konsequenzen aber weit über diese Länder hinausreichten, sei eine internationale Debatte dringend nötig, ob sich die Menschheit auf solche Veränderungen ihrer natürlichen Grundlagen einlassen dürfe.