München (epd)Das soziale Gleichgewicht müsse erhalten bleiben, weshalb die steigenden Ausgaben für Flüchtlinge keinesfalls zu Kürzungen bei den bisherigen Sozialausgaben führen dürften, forderte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Donnerstag im Münchner Presseclub. Mit dem gegenwärtigen hohen Steueraufkommen sei Deutschland in einer derart "gesegneten Situation", dass die Flüchtlingsfrage auch ohne Sozialkürzungen gelöst werden könne. Zugleich mahnte Bedford-Strohm an, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Schere dürfe nicht weiter auseinandergehen.
Mehr Sachlichkeit
Er warnte in der Flüchtlingsdiskussion davor, auf "einfache Antworten" von Rechtspopulisten hereinzufallen. Es gebe bei diesem komplexen und emotionalen Thema keine schnellen "Zauberlösungen", sagte der EKD-Ratsvorsitzende. In die "aufgeheizte" Diskussion müsse mehr Sachlichkeit einziehen. Fakten müssten in alle Richtungen geprüft und auch genannt werden. Ansonsten spiele man Rechtspopulisten in die Karten. Derzeit gebe es leider zu viele Gerüchte, sagte Bedford-Strohm mit Blick auf die erfundene Geschichte eines Asylhelfers, dass ein Flüchtling beim Warten vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) gestorben sein soll. Der Theologe übte auch Kritik an den sozialen Netzwerken: Dort gebe es vor allem nach den Vorfällen in Köln eine "Verblasung": User bewegten sich nur noch in Räumen, wo ihre eigene Meinung bekräftigt werde. Für Gegenargumente seien sie nicht empfänglich.
Fluchtursachen weltweit bekämpfen
Als verlässliche Quelle sieht Bedford-Strohm Kriminalstatistiken. Diese müsse man ernstnehmen - egal, ob sie der eigenen Überzeugung "in den Kram passen oder nicht". Wenn die Statistik belege, dass es in bestimmten Bereichen mehr Straftäter mit Migrationshintergrund gebe, dann müsse man das zur Kenntnis nehmen. Genauso müsse man aber auch akzeptieren, wenn es keine Unterschiede zwischen Deutschen und Migranten gebe.
Um Verfolgung und Flucht zu verhindern, sei auch die "militärische Dimension" nicht ausgeschlossen, sagte der Bischof und forderte erneut gegen den Islamischen Staat gesicherte "Schutzzonen" im Irak. Dauerhaft ließen sich die Fluchtursachen jedoch nur in weltweitem Maßstab bekämpfen. Dazu gehörten eine gerechtere Wirtschafts- und Handelsordnung, die beispielsweise den Bauern in Afrika zu einer ausreichenden Existenzgrundlage verhelfe. Um die globalen Auswirkungen von Entscheidungen in den Blick zu bekommen, sollten alle Regierungs-Entscheidungen deshalb auf ihre "Eine-Welt-Verträglichkeit" überprüft werden, forderte der Bischof.